Russland belagert seit Wochen das Asow-Stahlwerk in Mariupol – und noch immer wird es von ukrainischen Kämpfern verteidigt, die sich im Innern verschanzt haben. Auf Telegram schrieben die Kämpfer des Asow-Regiments, dass die Lage schlimm sei – dass Wunden mit nicht sterilem Verbandsmaterial verbunden werden müssten und es an Essen fehle.
Die ukrainische Militärführung hat Hoffnungen gedämpft, die im Stahlwerk von Mariupol eingeschlossenen Kämpfer mit einer Offensive zu befreien. «Stand heute würde eine solche Operation zur Deblockierung eine beträchtliche Anzahl von Truppen erfordern, weil die ukrainischen Streitkräfte 150 bis 200 Kilometer von Mariupol entfernt sind», sagte der stellvertretende Generalstabschef Olexij Hromow. Weil die russischen Truppen zudem inzwischen mächtige Verteidigungsanlagen gebaut hätten, koste ein solcher Einsatz viele Opfer.
Kämpfer fordern Einsatz von Kiew
Seit mehr als zwei Monaten wird die Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine von russischen Truppen belagert. Die letzten ukrainischen Kämpfer, neben Marineinfanteristen auch Einheiten des nationalistischen Asow-Regiments, haben sich im dortigen Stahlwerk Azovstal verschanzt. Sie fordern von Kiew und der internationalen Gemeinschaft, sich für ihre Rettung einzusetzen – entweder mit diplomatischen oder mit militärischen Mitteln.
In den vergangenen Wochen wurden etwa 500 Zivilisten, die sich ebenfalls in dem Stahlwerk aufhielten, über Flüchtlingskorridore gerettet. Einen freien Abzug der Kämpfer lehnt Russland ab. Sie sollen die Waffen niederlegen und sich in Gefangenschaft begeben.
Nach Angaben der ukrainischen Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk halten sich in der Fabrik noch rund 1000 Verteidiger auf, die Hälfte von ihnen sei verletzt. Nach russischen Angaben sollen sich 2500 ukrainische Kämpfer und ausländische Söldner im Stahlwerk verschanzt haben.
Zivilisten konnten evakuiert werden
Sie wies zudem Angaben von zwei örtlichen Behördenvertretern zurück, wonach sich noch rund hundert Zivilisten in dem Werk aufhalten sollen. «Das stimmt nicht», sagte sie. Der Chef des Asow-Regiments habe gegenüber ukrainischen Regierungsvertretern und einem UN-Vertreter «offziell erklärt», dass «kein Zivilist, keine Frau, kein Kind oder alter Mensch mehr in Asow-Stahl ist».
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Das Asow-Stahlwerk ist die letzte Bastion des ukrainischen Militärs im zerstörten Mariupol. In dem weitläufigen Industriekomplex mit vielen unterirdischen Anlagen hatten sich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine über mehrere Wochen auch hunderte Zivilisten verschanzt. Am Wochenende teilte Wereschtschuk nach einer Reihe von Evakuierungsaktionen dann mit, alle «Frauen, Kinder und älteren Zivilisten» seien aus dem Komplex herausgeholt worden.
Blick informiert im Ticker Live über die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine.
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Das Stahlwerk in Mariupol hat eine symbolische Bedeutung bekommen mit Blick auf den Kriegsverlauf. Die endgültige Einnahme der südukrainischen Hafenstadt mit einst mehr als 400'000 Einwohnern wäre ein strategisch wichtiger Sieg für die russische Armee, da sie Russland die Herstellung einer direkten Landverbindung zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim ermöglichen würde.
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(AFP/SDA/neo)