Zum eigenen Haus dank Schenkung
Das sind die Fallstricke bei Erbvorbezügen

Viele Eltern unterstützen ihre Kinder beim Hauskauf finanziell. Oder überlassen ihnen ihr Heim. Wer schon zu Lebzeiten vererbt, sollte einiges beachten.
Publiziert: 04.08.2022 um 01:30 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2022 um 11:50 Uhr
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Viele Eltern unterstützen ihre Kinder finanziell beim Hauskauf. (Symbolbild)
Foto: imago images / Westend61
Dorothea Vollenweider

Steigende Immobilienpreise verunmöglichen vielen jungen Menschen den Erwerb eines Eigenheims. Doch schön, wenn die Eltern bereits eine Immobilie besitzen, man übernehmen kann. Oder die Eltern genug Geld haben, um beim Hauskauf finanziell zu helfen.

Geschieht das noch zu Lebzeiten, wird diese Hilfe als Schenkung oder Erbvorbezug bezeichnet. Schenkungen an Kinder sind immer auch Erbvorbezüge.

«Das ist wichtig zu wissen – denn Schenkungen müssen grundsätzlich als Erbe angerechnet werden», erklärt Renato Sauter (48), Leiter Nachlass beim VZ Vermögenszentrum. Wer seinem Kind also 100'000 Franken für den Hauskauf gibt, sollte dabei auch an die anderen Geschwister denken. Denn sollten die Eltern beim Ableben kein Geld mehr haben, muss das Kind den Erbvorbezug bei den Geschwistern ausgleichen. Es gibt dabei drei mögliche Szenarien.

Szenario 1: Eltern schenken Geld

Nehmen wir an, die Eltern haben zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Der Bruder hat von seinen Eltern 100'000 Franken erhalten, um sich ein Haus zu kaufen. Dann sterben beide Elternteile. Geld haben sie keins hinterlassen. Nun muss der Bruder die Hälfte der Schenkung, also 50'000 Franken, an seine Schwester ausbezahlen.

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In der Praxis geht das meist nicht so einfach, weil der Bruder diese 50'000 Franken nicht flüssig hat. Er hat das Geld in sein Haus investiert.

Wollen die Eltern eine solche Situation verhindern, müssten sie beiden Kindern gleichzeitig 100'000 Franken ausbezahlen. «Aber häufig geht das finanziell nicht», sagt Sauter.

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Szenario 2: Eltern schenken Immobilie

Wenn ein Eigenheim innerhalb der Familie weitergegeben wird, gelten dieselben Regeln. Die Schwester zieht ins Elternhaus, ohne dafür zu bezahlen. Die Eltern haben damit ihr Haus, das zu diesem Zeitpunkt 1 Million Franken wert ist, ihrer Tochter geschenkt. Auch das ist ein Erbvorbezug.

Wenn die Eltern sterben, muss die Tochter diese Schenkung ihrem Bruder gegenüber ausgleichen. Bei einem Haus gilt allerdings der Marktwert zum Zeitpunkt des Ablebens. Wenn das Haus nun also 1,5 Millionen Franken wert ist, muss die Schwester ihrem Bruder 750'000 Franken ausbezahlen.

«Das können sich allerdings die wenigsten leisten», sagt Sauter. Deshalb kann es passieren, dass die Immobilie verkauft werden muss, obwohl eines der Kinder gerne darin wohnen bleiben möchte. Aber wer die flüssigen Mittel nicht hat, um seine Geschwister auszubezahlen, der muss das Haus verkaufen.

Szenario 3: Gemischte Schenkung

In diesem Szenario wird die Hypothek an eines von zwei Kindern übergeben. Die Eltern verkaufen das Haus dem Kind jedoch nicht. «Dieser Fall passiert häufig», sagt Sauter.

Die Eltern haben beispielsweise eine Hypothek in der Höhe von 600'000 Franken. Das Haus ist 1 Million Franken wert. 400'000 Franken wurden von den Eltern beim Kauf einbezahlt. Das Kind kann das Haus übernehmen, ohne die 400'000 Franken selbst einzuschiessen. Die 400'000 Franken sind also ein Erbvorbezug.

Das Kind übernimmt die Hypothek. Wenn die Eltern in diesem Fall mittellos sterben, muss das Kind 200'000 an seine Schwester oder den Bruder ausbezahlen. «Dieser Ausgleich kann zu einer unüberwindbaren Hürde werden», sagt Sauter.

Was die Eltern tun könnten: Die Schenkung von 400'000 Franken nicht nur an ein Kind, sondern an beide Geschwister tätigen. Aber dafür braucht man die finanziellen Mittel.

Ein zusätzlicher Fallstrick: Auch in diesem Fall gilt der Wert des Hauses zum Zeitpunkt des Ablebens der Eltern. Ist das Eigenheim nun 1,5 Millionen statt 1 Million Franken wert, muss das Kind neben den 400'000 Franken auch noch die Wertsteigerung ausgleichen.

So vermeiden Eltern Ärger

Es ist jedoch möglich, solche Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, indem Eltern ihre Absichten schriftlich festhalten. «Eltern sollten mit ihren Kindern einen Erbvertrag öffentlich beurkunden», empfiehlt Sauter. Darin können sie festhalten, wie viel das Haus bei der Übergabe wert war und dass ein Mehrwert durch neue Marktbedingungen nicht ausgeglichen werden muss.

Obwohl Schenkungen nicht unproblematisch sind, sieht Sauter darin im Vergleich zum Erben viele Vorteile. «Die Kinder profitieren davon, wenn Eltern noch zu Lebzeiten eine Schenkung tätigen», sagt er. Denn gerade in jungen Jahren können Familien die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern bei einem Hauskauf gut gebrauchen.

«Zudem ist das Konfliktpotenzial viel kleiner, solange die Eltern noch am Leben sind», so Sauter. Weil sie noch mitreden und ihre Absichten klar mitteilen können.

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