Weniger Schalter, aber mehr Service – wie geht das auf?
Wohin der SBB-Gewinn fliesst und was Fahrgäste erwarten dürfen

Die SBB fahren nach drei Jahren rot wieder in den schwarzen Zahlen. Die Fahrgastzahlen sind auf Rekordniveau, was die Bundesbahnen in zahlreichen Bereichen wieder an den Anschlag bringt. CEO Vincent Ducrot gelobt Verbesserungen.
Publiziert: 11.03.2024 um 18:46 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2024 um 11:22 Uhr
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SBB-Chef Vincent Ducrot konnte in seiner Amtszeit erstmals schwarze Zahlen präsentieren.
Foto: keystone-sda.ch
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Raus aus den roten, rein in die schwarzen Zahlen: Erstmals seit drei Jahren haben die SBB 2023 wieder einen Gewinn eingefahren. 267 Millionen Franken! So viel bleibt unter Strich dank der Rückkehr zu rekordhohen Passsagierzahlen übrig. Blick will von SBB-Chef Vincent Ducrot (61) wissen, was die täglich 1,32 Millionen Reisenden und Pendler davon haben.

Sicherheit, Sauberkeit und Pünktlichkeit

Diese drei Kernthemen wollen die SBB kurzfristig in Angriff nehmen. «Die Kunden bewerteten die Sauberkeit im letzten Jahr etwas schlechter. Grundsätzlich ist die Kundenzufriedenheit aber immer noch sehr hoch. Um Sicherheit und Sauberkeit zu verbessern, haben wir zusätzliches Personal angestellt», sagt der SBB-CEO im Gespräch mit Blick.

Um die Pünktlichkeit zu verbessern, arbeiten die Teams aus Personen- und Güterverkehr sowie Infrastruktur enger zusammen. «Wir planen jede Baustelle akribisch, um die Auswirkungen auf den Bahnverkehr möglichst tief zu halten.» Ducrot weiss: «Jede Sekunde zählt! Dafür verlängern wir einige der Streckenzeiten, um uns zeitliche Reserven zu geben. Das ist nicht populär, aber wichtig. Lieber eine Minute länger fahren, als verspätet sein. Pünktlichkeit ist entscheidend, weil wir pro Tag rund 80'000 Anschlussverbindungen anbieten.»

Personenverkehr durch den Gotthard

Die Arbeiten sind aufwendig und dauern lange, aber noch in diesem Monat wollen die SBB das Angebot auf der Schiene in Richtung Süden durch den Gotthard-Basistunnel deutlich herauffahren. Für Ostern, Auffahrt und Pfingsten gibt es Spezialfahrpläne, mit zusätzlichen Zügen durch den Basistunnel oder über die Gotthard-Panoramastrecke. «Unsere Gästezahlen ins Tessin haben sich schon gut erholt. Im September sollte sich die Lage endgültig normalisieren», verspricht Ducrot.

Festsetzung der Fahrpreise

Hier hält Ducrot fest, dass nicht die SBB allein über die Ticketpreise bestimmen. «Die SBB legen die Preise nicht selbst fest, sondern wir haben eine von 12 Stimmen im Strategierat der Alliance Swisspass. Die im Dezember 2023 erfolgte, erste moderate Preissteigerung seit sieben Jahren war eine Reaktion auf gestiegene Kosten und die Teuerung.» Steht bereits die nächste Preiserhöhung mit dem kommenden Fahrplanwechsel im Dezember 2024 an? Hier will sich CEO Ducrot nicht aus dem Fenster lehnen: «Aktuell gibt es keine Diskussionen hinsichtlich einer weiteren Erhöhung der Preise».

Das ist der Freiburger SBB-Patron

Vincent Ducrot (61) ist seit April 2020 CEO der SBB – er hat die Bahn durch die Covid-Krise geführt. Der Freiburger war schon früher, von 1993 bis 2011, in der IT und anschliessend im Fernverkehr bei den Bundesbahnen tätig – bis er 2011 zum Generaldirektor der Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF) ernannt wurde. Der gelernte Elektroingenieur ist Vorstandsmitglied beim Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und beim ÖV-Informationsdienst Litra, sowie bei digitalswitzerland in Zürich. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater von sieben Kindern. Er wohnt mit seiner Familie im Kanton Freiburg.

Vincent Ducrot (61) ist seit April 2020 CEO der SBB – er hat die Bahn durch die Covid-Krise geführt. Der Freiburger war schon früher, von 1993 bis 2011, in der IT und anschliessend im Fernverkehr bei den Bundesbahnen tätig – bis er 2011 zum Generaldirektor der Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF) ernannt wurde. Der gelernte Elektroingenieur ist Vorstandsmitglied beim Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und beim ÖV-Informationsdienst Litra, sowie bei digitalswitzerland in Zürich. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater von sieben Kindern. Er wohnt mit seiner Familie im Kanton Freiburg.

Digitalisierung hat Nachholbedarf

Über die Landesgrenzen hinaus ist die Digitalisierung ein Debakel. «Leider sind im internationalen Verkehr die Ausstellung von Tickets oder Sitzplatzreservierungen sowie die Reservierung von Veloplätzen über die SBB-App immer noch nicht möglich», muss Ducrot eingestehen. Das habe mit einer veralteten Systemarchitektur zu tun, die die Bundesbahnen Ende 2023 nun ersetzen konnten. Ducrot bestätigt, dass neue Funktionen nach und nach kommen. Wann? Dazu gibt es keine Information. Fest steht: «Wir haben eine grosse Nachfrage nach neuen App-Funktionen.» Und weiter «Da kommt noch einiges.»

Ticketautomaten werden bleiben

Ducrot räumt mit einer Fehlinformation auf: «Viele glauben, im ÖV werde die Mehrfahrtenkarte abgeschafft. Das stimmt nicht! Es geht nur um die orangen Entwertungskästchen, die aus Kostengründen nicht mehr unterhalten werden.» Schluss aber mit Papier. «Die Mehrfahrtenkarte wird es in digitaler Form weiterhin geben.» Wir prüfen zudem eine physische Nachfolgelösung, bei der die Tickets elektronisch entwertet werden. 95 Prozent aller Tickets wird heute via Webseite, Smartphone oder Automat verkauft. «Die blauen Ticketautomaten behalten wir bei», sagt Ducrot. «Wir werden aber deren Anzahl reduzieren und die Funktionalitäten vereinfachen.» Damit unterstütze die Bahn den Transfer hin zur Nutzung des Angebots via Smartphone weiter.

Mehr Personal für den Zug

Aktuell seien 1600 Stellen bei der Bahn unbesetzt. «Das bereitet uns schon Sorgen», sagt Ducrot. Weil viele Lokführer und Zugbegleiterinnen in nächster Zeit pensioniert werden würden, laufe derzeit eine «Rekrutierungsoffensive». Der SBB-CEO präzisiert: «Wir suchen auch Ingenieure, Gleisbauarbeiter, Elektriker, Informatiker und mehr. Wir führen intern viele Schulungen und Weiterbildungen durch. Gesuchter Arbeitgeber: «Im letzten Jahr verzeichneten wir für gut 4000 offene Stellen über 100'000 Bewerbungen.»

Schluss mit Fahrgast-Barrieren

«Wir sind noch nicht da, wo wir sein sollten. Das bedauern wir.» 271 Bahnhöfe müssen noch barrierefrei gemacht werden. Das ist ein Investment von 2,5 Milliarden Franken. Das müsse aus dem Geld, das der Bund in seiner Leistungsvereinbarung mit der Bahn vorsieht, finanziert sein. «Manchmal bremsen uns Rekurse oder fehlende Verfügbarkeit grosser Baumaschinen. Aber wir werden das hinkriegen.»

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