Die SBB haben Geldsorgen. Die Finanzkommission des Ständerates empfiehlt, entgegen der Pläne des Bundesrats, den Bundesbahnen nicht mit einem einmaligen Kapitalzuschuss von 1,15 Milliarden Franken unter die Arme zu greifen. Die Kommission will den SBB nur mit 600 Millionen helfen. Denn die SBB haben während der Corona-Pandemie ihren Schuldenberg um 2,7 Milliarden Franken weiter vergrössert.
Damit verfehlen die Bundesbahnen das bundesrätliche Schuldenziel klar. Die Nettoverschuldung dürfte eigentlich nur sechseinhalb mal höher sein als der Betriebsgewinn vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern. Davon ist man mit Schulden von über 11 Milliarden Franken weit entfernt.
«Schöner Gewinn»
Da hilft es auch wenig, wenn der Bahnchef Vincent Ducrot (61) in einem Interview einen «schönen Gewinn» ankündigt. «Schon bis im Sommer hatten wir rund 100 Millionen Gewinn gemacht», sagt der Finanzchef Franz Steiger (52) zu Blick. «Das zweite Halbjahr lief besser.» Aus seinen Ausführungen lässt sich mutmassen, dass der Jahresgewinn bei einer Viertelmilliarde liegen könnte.
Um die Schulden im notwendigen Mass abzubauen und gleichzeitig Investitionen zu tätigen, bräuchte es laut Steiger jedoch eine halbe Milliarde Gewinn. Deshalb benötigt man aus Sicht der SBB die gute Milliarde Franken, die der Bundesrat den Bundesbahnen zahlen will.
Die Vorbehalte im Parlament schrecken daher auf: «Sollten die SBB die Verluste in der Höhe von 1,15 Milliarden, die sie im Fernverkehr während der Pandemie eingefahren haben, nicht als Einmalzahlung vom Bund erhalten, müssten wir notwendige Investitionen nach hinten schieben oder kürzen», so Steiger.
«Ungenügend»
Nur: Im Parlament zweifeln bürgerliche Politiker an der Verlässlichkeit der SBB-Vorhersagen. Und auch das Bundesamt für Verkehr (BAV) hält fest: «Das BAV beurteilt die finanziellen Prognosen der SBB als ungenügend.» Für das Amt dürfte die Milliarde für die SBB gar «vollständig entfallen».
Hintergrund ist ein Hin und Her um einen – beim Schienenverkehr – geringen Betrag: Es geht um knapp 35 Millionen. Diese fordert das BAV von den SBB zurück, wie es Blick-Informationen bestätigt: «Das ist korrekt.» Noch im Herbst gingen die Bundesbahnen nämlich davon aus, im Fernverkehr ihr Gewinnmindestziel zu verfehlen. Laut den SBB brauchte es 34,8 Millionen Franken mehr, um die vom Bund geforderte Umsatzrendite von 4 Prozent einzufahren. Am 18. Oktober 2023 fragten die SBB deshalb das BAV um Unterstützung in dieser Höhe an.
In der ÖV-Branche war die Verwunderung darüber gross.
Zweifel sind gross
Angesichts der Milliardenbeträge im Schienenverkehr sind 35 Millionen ein Klacks. Und tatsächlich: Jetzt brauchen die Staatsbahnen das Geld gar nicht mehr. Kein Wunder, zweifelt das BAV an der Verlässlichkeit der SBB-Prognosen.
Finanzchef Steiger verwehrt sich jedoch dagegen, unseriöse Vorhersagen zu machen: «Wir lagen bei der Prognose für den Gesamtkonzern bloss 5 Millionen daneben – bei einem Konzernumsatz von 11,5 Milliarden Franken. Das ist eine Punktlandung!»
Er räumt aber ein, dass die 35-Millionen-Abweichung bei der Fernverkehrsprognose unbefriedigend sei. Doch: «Bis letzten Sommer war eine Prognose, die nur den Fernverkehr umfasst, nicht notwendig. Deshalb fehlen hier die Erfahrungen. Zudem kam es als Folge der Zugentgleisung im Gotthard-Tunnel zu Sondereffekten. Weil wir nicht mehr durch den Basistunnel fahren konnten, entfielen beispielsweise Kosten für Fahrzeugmieten.» Wichtig dabei sei aber: «Wir selbst haben uns mit der Bitte ans BAV gewandt, die fast 35 Millionen zurückzahlen zu wollen.»