Wegen finanzieller Engpässe
SBB stoppen Testprojekt mit automatisierten Zügen

Die Politik streitet über zusätzliche Mittel für die Bundesbahnen. Nun haben diese einen öffentlichen Auftrag widerrufen – es fehlt das Geld.
Publiziert: 11.02.2024 um 10:48 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2024 um 12:11 Uhr
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Die SBB wollten im automatisierten Bahnbetrieb durch den Gotthard-Basistunnel fahren.
Foto: Keystone
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Die SBB hatten eine Vision: den automatisierten Bahnbetrieb durch den Gotthard-Basistunnel. Im Sommer suchten die Bundesbahnen nach einer «Güterlok mit ATO-Bordausrüstung» – also einer Lok, die zu «Automatic Train Operation» fähig ist. Geplant waren gemeinsame Testfahrten mit der Bahnindustrie.

Vor einigen Wochen jedoch hat es sich die SBB-Spitze um CEO Vincent Ducrot (61) plötzlich anders überlegt. «Publikation wurde widerrufen», heisst es jetzt auf der Beschaffungsplattform Simap.

Dubiose Begründung

Der Rückzug eines öffentlichen Auftrags hat Seltenheitswert. Noch bemerkenswerter ist, wie der Widerruf begründet wird: mit «der verschärften finanziellen Lage» der SBB.

Auf Anfrage von Blick präzisiert eine Unternehmenssprecherin: «In der aktuellen Leistungsvereinbarungsperiode stehen nicht genügend Mittel zur Verfügung.»

Das Bundesamt für Verkehr (BAV), dessen Direktor Peter Füglistaler (64) die ÖV-Branche zuletzt zu mehr Wirtschaftlichkeit und Effizienz aufgefordert hatte, zeigt sich irritiert über das Wehklagen des grössten Schweizer Transportunternehmens. «Für uns ist unklar, was die SBB mit ‹finanziellen Engpässen› meinen», schreibt ein Sprecher. Welche Mittel zur Verfügung stünden, sei bereits seit vier bis fünf Jahren bekannt.

Heftige Diskussionen im Parlament

Dennoch scheint das BAV kein Problem darin zu sehen, dass die SBB-Verantwortlichen dem geplanten Testprojekt für den automatischen Zugbetrieb keine Priorität mehr einräumen: «Da ATO auf anderen Funktionalitäten aufbaut, die zuerst weiterentwickelt werden müssen, steht ATO aktuell nicht mehr so stark im Fokus», so der Sprecher. Das BAV könne die «Repriorisierung» des Vorhabens deshalb nachvollziehen.

Im Parlament dürfte der Stopp des Zukunftsprojekts dennoch zu reden geben. Dort werden die Finanzen der SBB derzeit nämlich heiss diskutiert.

Im Dezember entschied der Nationalrat, dass die SBB für den Schuldenabbau einen «einmaligen Kapitalzuschuss» von 1,15 Milliarden Franken erhalten. Der Finanzkommission des Ständerats ist das aber zu viel. Sie will den Betrag auf 600 Millionen Franken kürzen, also um fast die Hälfte. 

Eine knappe Mehrheit sprach sich Ende Januar dafür aus, dass die SBB einen Teil der Verschuldung, die insbesondere während der Corona-Krise entstanden ist, selbst abbauen sollen.

Nur vorübergehend auf Eis gelegt

Als Nächstes wird sich mit dem Geschäft die Verkehrskommission des Ständerats befassen, danach die kleine Kammer als Ganzes. Die Tatsache, dass die SBB bereits geplante Investitionen stoppen, dürfte den Befürwortern einer grosszügigen Zuschussfinanzierung tendenziell Auftrieb geben.

Die SBB betonen, die Tests des automatisierten Zugverkehrs seien nicht endgültig abgesagt. Der Konzern plane, das Projekt «in einem optimierten Vorgehen und mit einem noch stärkeren Einbezug der Industrie» weiterzuführen. «Das weitere Vorgehen ist aktuell in Klärung», so die Sprecherin.

Das langfristige Ziel der SBB sei es nach wie vor, mit der «frühzeitigen Technologieerprobung» die Grundlagen zu schaffen, um für die «Bahn der Zukunft» eine wirtschaftliche, moderne und attraktive Arbeitsumgebung zu schaffen – gemeinsam mit anderen Bahnen in Europa.

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