Mit dem Zug in die Ferien, aber keine Lust, wie ein Lastesel durch den Bahnhof zu taumeln? Die SBB wissen Rat: «Wir bringen Ihr Gepäck für Sie von Bahnhof zu Bahnhof oder sogar auch von Tür zu Tür», verspricht die Staatsbahn.
Pro Jahr transportiert die ÖV-Branche um die 350'000 Gepäckstücke, etwa die Hälfte davon im Winter. Von diesem Angebot versprechen sich Kundinnen und Kunden nicht nur Komfort, sondern auch ein gutes Gewissen – die Schiene gilt als Synonym für Nachhaltigkeit.
Nun aber zeigt die grüne Idylle Risse. Recherchen von Blick zeigen, dass die SBB das Gepäck ihrer Passagiere mit Lastwagen in die Berge transportieren lassen. Dafür nimmt die Bahn die Unterstützung des Transportunternehmens Planzer in Anspruch. Vergangene Woche wurde auf Simap, dem Informationssystem über das öffentliche Beschaffungswesen, die Vergabe eines entsprechenden Auftrags in Höhe von 2,5 Millionen Franken publiziert.
«Dieser Betrag beinhaltet Leistungen für fünf Jahre», erklärt eine SBB-Sprecherin auf Anfrage. Dabei gehe es in den Regionen Nordostschweiz, Zürich, Aargau, Basel, Bern um Sammeltransporte, also Abholungen und Zustellungen an Bahnhöfen, zusätzlich um «Fernverkehrsfahrten» von Zürich ins Wallis und nach Graubünden. Auf diesen Routen kommen Lastwagen von Planzer zum Einsatz.
Nicht auf Hochsaison ausgelegt
Die SBB erklären den Bedarf an externer Unterstützung mit den grossen Mengen an Gepäck in der Wintersportsaison, die so nur von Mitte Januar bis Mitte März anfallen. «Das SBB-Produktionssystem ist nicht auf diese Spitze ausgelegt», sagt die Sprecherin.
Die Bundesbahnen betonen jedoch, dass der Transport in LKW nicht der Normalfall sei und das Reisegepäck «vorwiegend» auf der Schiene transportiert werde: «Die ÖV-Branche wickelt momentan den Gepäcktransport über alle Angebote hinweg durchschnittlich zu 70 Prozent auf der Schiene und zu 30 Prozent auf der Strasse ab.»
Der hohe Anteil der Strasse mag viele überraschen. Etikettenschwindel kann den SBB aber nicht vorgeworfen werden. Unter «Bedingungen und Hinweise» macht das Unternehmen die Strassentransporte transparent, wenn auch erst an letzter Stelle.
Konkurrenzlos
Der Millionenauftrag an Planzer wirft aber weitere Fragen auf, weil er freihändig vergeben wurde, also ohne öffentliche Ausschreibung. Das ist insofern heikel, als zwischen Swiss Combi, zu 40 Prozent im Besitz von Planzer, und SBB Cargo eine strategische Partnerschaft besteht.
Auf Simap begründen die SBB die freihändige Vergabe damit, dass es für die eingekauften Transportdienstleistungen keine «angemessene Alternative» zu Planzer gebe. Nur das Logistikunternehmen mit Sitz im Kanton Schwyz verfüge beim Bahnhof Zürich-Altstetten über die benötigte «Infrastruktur mit Schienennetzanschluss».
Gegenüber Blick ergänzt die Medienstelle: «Für eine effiziente und termingerechte Logistik benötigen wir einen externen Sortierplatz, Strassen- und Schienenanbindung für die SBB-Cargo-Extrazüge in der Nähe der Stadt Zürich.»
Weiter weisen die SBB darauf hin, dass die Zusammenarbeit mit Planzer in der Wintersaison bereits «seit Jahren» bestehe.