Die Rigi ist das perfekte Ausflugsziel für Wanderer, die wenig Zeit haben und die Möglichkeit schätzen, sich jederzeit ins Bähnli setzen zu können. Wer für die Anreise auch noch das Schiff nimmt, kann in wenigen Stunden ein Schweiz-Reisli erleben, wie es gern in Hochglanzbroschüren angepriesen wird.
Und das Beste dabei: Auf allen Strecken und Fahrten hat die SBB-Tageskarte volle Gültigkeit. Für einen Ausflug im September ist sie aktuell für 52 bis 70 Franken zu haben.
Wer aber die Online-Tourismusplattformen Getyourguide und Tripadvisor besucht, erfährt davon nichts. Hier wird der «Classic Rigi Round Trip» für 123 Franken angeboten, also eine Schifffahrt Luzern–Vitznau retour inklusive Fahrt auf die Rigi mit der Zahnradbahn.
Ein teurer Spass, der wohl ausschliesslich von ausländischen Gästen gebucht wird, die es nicht besser wissen. Vertrieben wird die «Half or Full-day Tour» – wohlgemerkt ohne Tourguide – von der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees AG (SGV).
Deren Verkaufschef erklärt die wenig attraktive Offerte so: «Das Angebot basiert auf den regulären Preisen unserer Schifffahrtsgesellschaft und der Rigi Bahnen AG.» Am Schalter bezahle der Kunde den gleichen Preis.
Pech gehabt: Sind die Reisenden selbst Schuld?
Reisende, die schlecht informiert sind oder zu spät buchen, zahlen sich bei Top-Sehenswürdigkeiten dumm und dämlich. Selber schuld, könnte man da sagen. Es zwingt sie ja keiner …
Das Problem ist nur, dass viele Touristinnen und Touristen der Preistreiberei von Veranstaltern hilflos ausgeliefert sind. Denn für viele beliebte Attraktionen gibt es – im Gegensatz zum Rigi-Beispiel – fixe Ticket-Kontingente. Und diese sind meist Tage, Wochen oder gar Monate im Voraus ausgeschöpft.
Wer zum Beispiel Mitte September auf den Eiffelturm will, bekommt auf der offiziellen Website schon heute keine Eintrittskarte mehr. «Online tickets are sold out», heisst es dort.
Auf Getyourguide und Tripadvisor dagegen sind begehrte Sehenswürdigkeiten auch kurzfristig buchbar – kosten aber ein Vielfaches des Originalpreises, ohne einen Mehrwert zu bieten.
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Auf Tripadvisor zum Beispiel bezahlt man für zwei Erwachsene und zwei Kinder 276 Euro, um Mitte September mit dem Lift auf die zweite Etage des Eiffelturms zu gelangen. Um ganz noch oben zu kommen, werden für eine vierköpfige Familie gar 399,60 Euro fällig.
Zum Vergleich: Auf der offiziellen Seite würde eine vierköpfige Familie für die Fahrt auf die zweite Etage nur 45,20 Euro bezahlen und für die Spitze 70,80 Euro – ein angemessener Preis für eines der bekanntesten Reiseziele der Welt. Aber eben: Diese Tickets sind in Wirklichkeit kaum zu kriegen.
Beim Kolosseum in Rom ist es nicht besser. Reguläre Zutritte für 18 Euro sind auf der offiziellen Website stets früh vergriffen. Auf Getyourguide zahlt man dann 37,40 Euro, mehr als das Doppelte.
Auf Online-Bewertungsportalen verschaffen zahlreiche Besucher ihrem Ärger darüber Luft. «Scheinbar werden grosse Kontingente an die Touristenführer verkauft, welche diese dann zu völlig überhöhten Preisen weiterverkaufen», nervt sich einer. Und ein anderer meint: «Leider zerstört die Ticketpolitik jeglichen Reiz, das Gebäude näher kennenzulernen.»
Die bewusst verknappten Ticketkapazitäten werden von den Veranstaltern auf Getyourguide und Tripadvisor auch gerne dazu benutzt, um hochpreisigere Touren zu verkaufen.
Über Produkte und Preise entscheiden die Betreiber
Wer etwa kurzfristig die Alhambra im andalusischen Granada besuchen will, wird faktisch gezwungen, online einen Guide zu buchen. Eintrittskarten ohne Führung sind nur mit langer Vorlaufzeit zu bekommen.
Eine solche Führung kostet zum Beispiel auf Getyourguide für zwei Personen 118 Euro, und das in einer 20er-Gruppe. Der entsprechende Tour Operator macht also mit einer dreistündigen Kollektivtour 1180 Euro Umsatz. Dabei kosten die Tickets aller Teilnehmer gemäss offiziellem Verkaufspreis nur gerade 382 Euro – vielleicht sogar noch weniger, weil der Veranstalter grosse Kontingente kaufen kann.
SonntagsBlick hat die Verantwortlichen der genannten Topsehenswürdigkeiten mit den fragwürdigen Machenschaften von Veranstaltern und Wiederverkäufern konfrontiert. Trotz mehrfacher Nachfrage war keine Rückmeldung zu bekommen.
Tripadvisor liess eine Anfrage ebenfalls unbeantwortet. Einzig Getyourguide, 2008 in Zürich gegründet, stellte sich den Fragen von SonntagsBlick.
Das Unternehmen erklärt, dass man Reisenden eine einfache Möglichkeit biete, ihr Programm zusammenzustellen, zu buchen – und auch, es zu ändern oder zu stornieren.
Zudem sei Getyourguide nur Betreiberin der gleichnamigen Internetplattform, lege in dieser Funktion jedoch keine Preise fest. «Wir fungieren als Vermittler zwischen dem Kunden und dem Lieferpartner und bieten Service für die Kunden sowie Zahlungs- und Vertriebsdienstleistungen für den Lieferanten», so das Unternehmen.
Welche Produkte und Dienstleistungen auf Getyourguide angeboten werden – und auch zu welchem Preis –, darüber entschieden letztlich die Betreiber der Attraktionen und die Tourismusanbieter.
Mit anderen Worten: Niemand hat ein Interesse daran, an den bestehenden Verhältnissen etwas zu ändern.
Für Reisende, die dieses hochpreisige Spiel nicht mitmachen wollen, gibt es nur eine Lösung: andere Reiseziele ansteuern – Rautispitz statt Rigi, Poitiers statt Paris und Ravenna statt Rom.