«Jetzt muss etwas gehen – und zwar sofort!» Daniela Liebi (52), Beizerin vom Restaurant Rothorn in Schwanden BE, findet auf Blick TV deutliche Worte. «Ich kann gar nicht mehr anders, wir haben relativ viel Geld verloren und werden immer nur vertröstet. Unsere Kassen und die von vielen Berufskollegen sind leer. Jetzt muss jemand hinstehen – und das bin halt ich!»
Liebi hat ich sich mit anderen Beizern zusammengetan, will am Montag ihre Beiz öffnen, obwohl das gegen die Anordnung des Bundesrats verstösst. Viele Schweizer Beizer haben die Nase voll und schliessen sich der Aktion #wirmachenauf an.
Die Verzweiflung ist gross. «Zur Not gehe ich für die Aktion ins Gefängnis, aber es reicht mir langsam», sagte Liebi letzte Woche zu BLICK. «Gastronomie ist kein Luxus, sondern wichtig für die arbeitende Gesellschaft.» Das Echo auf den Aufruf war gross, zahlreiche Menschen haben sich bei der Beizerin aus dem Berner Oberland gemeldet, sie hat beinahe schon nationale Bekanntheit erreicht.
Es geht um Gehör und Aufmerksamkeit
Mit Elan räumt sie die Stühle von den Tischen, wird am Montag ihr Restaurant aufsperren. «Die Wetterprognosen sind gut, ich denke, es werden schon einige Gäste kommen», verströmt Liebi Zuversicht. Angst hat sie nicht: «Ich hoffe, dass ich nicht in Handschellen abgeführt werde. Aber ich gehe schon davon aus, dass die Behörden Schritte gegen mich ergreifen werden.» Es gehe darum, sich mit dieser Aktion Gehör zu verschaffen, auf die Misere der Gastrobranche aufmerksam zu machen.
Auch mag sie nicht darauf warten, was der Bundesrat am Mittwoch wirklich beschliessen wird, ob es tatsächlich zur Verlängerung des Beizenlockdowns kommen wird: «Wir warten seit Frühling, die Kurzarbeitsentschädigung kommt mit drei Monaten Verzögerung, unsere Kassen sind leer. Wir können nicht mehr zahlen», so Liebi.
Gastrosuisse befürchtet erneute Kündigungswelle
Casimir Platzer (58), Präsident des Branchenverbands Gastrosuisse, weiss wie prekär die Lage vieler Beizer ist. Trotzdem distanziert er sich vom Aufruf zum Aufstand: «Als Verband können wir so eine Aktion nicht unterstützen.» Aber er habe Verständnis für Betriebe, die aus lauter Verzweiflung keinen anderen Ausweg mehr sähen, um auf sich aufmerksam zu machen.
Platzer appelliert an Bund und Kantone, jetzt endlich der Branche finanziell unter die Arme zu greifen: «Bis Ende März wird die Hälfte aller Betriebe im Gastgewerbe eingehen, wenn sie jetzt keine sofortigen finanziellen Entschädigungen erhalten.» Das ist kein Schreckensszenario, sondern das Ergebnis einer Umfrage, die Gastrosuisse Anfang Januar unter den Mitgliedern durchgeführt hat.
Vor der Krise hätten über 80 Prozent der Betriebe eine gute bis sehr gute Liquidität gehabt. In einem Monat stünden 80 Prozent sehr schlecht da. Platzer warnt nach den Kündigungswellen im Frühling und im November und Dezember vor einem weiteren Stellenabbau im Gastgewerbe: «Wenn der Bund jetzt nicht handelt, steht in der Branche eine dritte Kündigungswelle an.»