Es ist ein Hoffnungsschimmer. Seit Montag können von der Corona-Krise stark betroffene Berner Unternehmen beim Kanton finanzielle Härtefallhilfe beantragen. Voraussetzung: Die Firmen mussten sich im vergangenen Jahr mindestens 40 Prozent ihres Umsatzes ans Bein streichen. Insgesamt 208 Millionen Franken stehen dafür zur Verfügung. Die Berner Regierung rechnet mit Tausenden Gesuchen.
Gerade den Beizern steht das Wasser bis zum Hals. Kurz vor Weihnachten verordnete der Bundesrat, dass Restaurants und Bars für einen Monat schliessen müssen. Und es droht bereits eine Verlängerung. Für viele Betriebe ist das einschneidend. Das weiss auch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60): «Restaurantschliessungen sind faktisch ein Arbeitsverbot.» Man werde den Betroffenen aber helfen, versprach sie.
«Bund muss für Schaden aufkommen, den er angerichtet hat»
Nur: Viel passiert ist seitdem nicht, ausser der Härtefallregelung. Und diese greife vielerorts zu spät, warnt Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (58). In manchen Kantonen wird erst ab März oder noch später Geld fliessen, es fehlt die rechtliche Grundlage. Viele Betriebe werden nicht so lange durchhalten können. Auch sei die Schwelle von 40 Prozent Umsatzverlust oft zu hoch.
Gastrosuisse fordert, «dass der Bund für den Schaden aufkommt, den er angerichtet hat». Es brauche für die Zeit des Lockdowns eine Ausfallentschädigung, damit À-fonds-perdu-Beiträge rasch ausbezahlt werden könnten. Immerhin machten alleine die Fixkosten der Branche rund 750 Millionen Franken aus – pro Monat. Und: Die Härtefallgelder seien eigentlich gar nicht als Entschädigung für die jetzigen Schliessungen angedacht.
Nachbarstaaten decken Umsatzausfall weitgehend
Auch der bekannte Zürcher Gastronom Rudi Bindella (72) hat sich am Wochenende mit einem Hilferuf an den Bundesrat gewandt. In ganzseitigen Zeitungsinseraten reden er und Sohn Rudi junior der Regierung ins Gewissen. Ganze drei Monate seien die Gastrobetriebe alleine im letzten Jahr geschlossen worden.
Die Kurzarbeitsentschädigung decke zwar einen Teil der Lohnkosten. Das reiche aber nicht. «Spätestens bei der zweiten Schliessung hätte der Bund konkrete Hilfsmassnahmen verabschieden müssen, so wie das Deutschland und Österreich getan haben, die den Umsatzausfall weitgehend decken», findet Bindella senior.
«Ich bin zuversichtlich, dass demnächst eine Lösung vorliegt»
Auf eine solche Lösung hoffen Schweizer Beizer wohl vergeblich. Schadenersatzzahlungen für verordnete Schliessungen sind weiterhin kein Thema. Das Epidemiengesetz sehe keine Pflicht zur Ausrichtung von Entschädigungen an geschlossene Betriebe vor – es sei denn, die Schliessungen wären widerrechtlich, betont Sarah Pfäffli von Ueli Maurers Finanzdepartement.
Und dennoch: «Ich bin zuversichtlich, dass demnächst eine Lösung vorliegt», sagt Christoph Brutschin (62), Präsident der kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) und Basler Regierungsrat. In einer am Dienstag endenden Umfrage zeigen die Kantone gegenüber dem Bund grosse Bereitschaft, rasch zu Lösungen beizutragen. Gemeinsam suchen sie nach allfälligen Lockerungen der Anspruchsvoraussetzungen sowie weiteren Abfederungsmöglichkeiten.
«Aus meiner Sicht ist etwa die Hürde von 40 Prozent Umsatzeinbussen für Härtefallgelder zu hoch», sagt Brutschin. Diese könnte beispielsweise auf 25 oder 20 Prozent gesenkt werden. «Denn bei hohen Fixkosten sind sonst viele Betriebe rasch am Anschlag.»
Auch Kantone sind gegenüber einer Branchenlösung skeptisch
Das allerdings nützt den Betrieben in jenen Kantonen wenig, in denen noch immer keine Gesetzesgrundlage für die Zahlungen besteht. «Hier könnten, wie schon im Frühling, rasch Liquiditätsüberbrückungen geschaffen werden, um über die grössten Engpässe hinwegzuhelfen», so Brutschin.
Damit sind die Beizer aber nicht glücklich. «Die Liquiditätshilfe ist eher ein gefährliches Instrument, weil man sich langfristig verschuldet, um kurzfristig die Kosten zu decken», stellt Bindella senior klar. Das Ringen um Staatshilfe wird also weitergehen.