Darum gehts
- SNB-Entscheid über Leitzinssenkung am Donnerstag, Ausgangslage offen
- Argumente für und gegen Zinssenkung: Trump, Inflation, Frankenstärke
- Analysten sind sich sehr uneinig, was SNB entscheidet
Alle drei Monate entscheidet die Nationalbank (SNB) über den Leitzins. Doch noch selten war die Ausgangslage so offen wie dieses Mal. Die Ökonomen der UBS sprechen in einer Einschätzung sogar von einem «Münzwurf»-Entscheid, ob SNB-Präsident Martin Schlegel (48) am Donnerstag erneut den Leitzins senkt. Würze in die Angelegenheit bringt auch, dass die US-Notenbank Fed nur wenige Stunden vor dem SNB-Entscheid über den in den USA geltenden Leitzins befunden hat. Chef Jerome Powell (72) und seine Fed-Kollegen legten am Mittwochabend Schweizer Zeit eine Zinspause ein.
Der Grund für die Unvorhersehbarkeit in der Schweiz: Es gibt dieses Mal sowohl gute Argumente für eine Zinssenkung als auch gute Gründe, die für einen unveränderten Leitzins von 0,5 Prozent sprechen. Schlegel lässt sich im Vorfeld wie üblich nicht in die Karten blicken. Doch diese Punkte dürften den SNB-Präsidenten und das SNB-Direktorium am meisten beschäftigen.
Was für eine Zinssenkung spricht
Donald Trump (78) sorgt mit seiner Zollpolitik für Verunsicherung. Die Schweiz ist als offene Volkswirtschaft auf einen funktionierenden Welthandel angewiesen. «Die Schweiz ist einem hohen Zollrisiko ausgesetzt, insbesondere im Pharmabereich, der den Handelsüberschuss des Landes sichert», schreibt Analyst Geoff Yu vom Finanzunternehmen BNY. Mit einer Zinssenkung könnte Schlegel den Franken vorübergehend schwächen und so der Exportwirtschaft helfen.
Dazu kommt: Die Teuerung in der Schweiz ist im Januar auf 0,4 Prozent und im Februar auf 0,3 Prozent gesunken. Die Inflation nähert sich damit dem unteren Ende des Ziels der SNB an. Denn die Nationalbank muss in der Schweiz für Preisstabilität sorgen. Das bedeutet, die Inflation im Bereich von 0 bis 2 Prozent halten. «Vor diesem Hintergrund ist eine letzte Leitzinssenkung unseres Erachtens gerechtfertigt», schreiben die Ökonomen der UBS.
Was gegen eine Zinssenkung spricht
Ob eine Leitzinssenkung den Franken aber wirklich schwächen würde, ist unklar. Der Euro-Franken-Wechselkurs werde aktuell von anderen Faktoren getrieben, schreibt Martina Honegger-Romahn von Allianz Global Investors in einem Marktkommentar. Und der Euro hat zum Franken in diesem Jahr bisher deutlich zugelegt.
Insbesondere die Pläne in Deutschland, die Staatsausgaben massiv zu erhöhen, stützen den Euro. Dazu kommt: «Die Konjunkturpakete der europäischen Regierungen dürften nachhaltig zu einer Erholung der Schweizer Industrie führen», so die Allianz-Analystin.
Als Schlegel den Leitzins im Dezember überraschend stark um 0,5 Prozentpunkte senkte, gab es Kritik am Vorgehen des SNB-Chefs. Tiefe Zinsen befeuern die Aktienmärkte und die Zuwanderung und bestrafen Sparer, die immer weniger Zins auf ihr Erspartes kriegen. Die SNB konzentriere sich zu stark auf die Schwächung des Frankens und vernachlässige die negativen Folgen der Niedrigzinspolitik, schrieb etwa die Wirtschaftsberatung Wellershoff & Partners. Ist Schlegel jetzt vorsichtiger?
Das erwarten Analysten am Donnerstag
Die Analysten sind sich uneinig darüber, was die SNB am Donnerstagmorgen entscheiden wird – mit einer gewissen Tendenz zu einer Zinssenkung. «Die SNB ist jedoch dafür bekannt, den Markt zu überraschen», schreibt Honegger-Romahn. «Während beide Szenarien überzeugende Argumente liefern, tendieren wir eher zu der Ansicht, dass es zu keiner Zinsänderung kommen wird.»
Anders sieht es die UBS. «Wir gehen davon aus, dass die SNB den Leitzins in diesem Jahr ein letztes Mal von 0,50 auf 0,25 Prozent senken wird, und dies vermutlich im März», schreiben die Ökonomen der Grossbank. Es sei aber auch möglich, dass die Nationalbank eine Pause bei den Zinssenkungen einlege.
Immerhin: Eine Rückkehr zum Negativzins halten die UBS-Ökonomen 2025 für unwahrscheinlich. Dazu müsste es in der Eurozone zu einer Rezession kommen. Doch es ist klar: «Da die geopolitische Unsicherheit hoch bleibt und die US-Politik äusserst unberechenbar ist, wird es nicht einfacher werden, die geldpolitischen Entscheidungen der SNB vorherzusagen.»