Auf einen Blick
- SNB senkt Leitzins auf 0,5 Prozent trotz Risiken am Immobilienmarkt
- Immobilienpreise in der Schweiz steigen seit Jahren stetig an
- «Die Immobilienpreise sind nicht mehr erklärbar», sagt selbst Schlegel.
Geldpolitik – das ist das Abwägen zwischen verschiedenen makroökonomischen Risiken und der Wahl der richtigen Instrumente. So hat es auch der neue SNB-Präsident Martin Schlegel nach dem Zinsentscheid am Donnerstag beschrieben.
Aktuell sieht die SNB die grössten Risiken im schnellen Absinken der Inflation und in der schwachen ausländischen Konjunkturentwicklung. Rasches Handeln sei erforderlich, sagte sie – und reduzierte den Leitzins von 1 auf 0,5 Prozent.
Damit nimmt sie aber in Kauf, dass die Risiken an anderer Stelle zunehmen: etwa am Immobilienmarkt. Er wird durch die tiefen Zinsen befeuert. «Niedrige Zinsen senken die Zinskosten für Hypotheken und machen Wohneigentum im Vergleich zur Miete attraktiver», erklärt die SNB auf ihrer Website. Steigende Preise sind die Folge.
Das wäre an sich kein Problem. In einer gesunden, wachsenden Wirtschaft gewinnen auch Immobilien an Wert. Das Problem sind Preisexzesse, die irgendwann in einem Crash enden.
Und in der Schweiz bewegen sich die Immobilienpreise schon länger in astronomischen Sphären. Seit der Jahrtausendwende haben sich die Preise für Wohnimmobilien im Schnitt mehr als verdoppelt. Allein seit 2010 beträgt der Anstieg 60 Prozent.
Wie die Grafik zeigt, ist der Anstieg auch real – also um die Inflation bereinigt – beträchtlich. Das heisst: Während die Konsumentenpreise stabil sind und vieles sogar billiger wird, gehen die Preise für Wohnungen und Häuser durch die Decke.
Schweizer Boom dauert schon länger an
Das Ausmass der realen Preissteigerung seit 2010 ist vergleichbar mit jenem in den USA oder in Deutschland. Im Unterschied zu diesen beiden Ländern ist aber der Schweizer Immobilienboom durch nichts zu stoppen: Während die realen Preise in Deutschland – auch wegen der höheren Inflation – korrigiert haben und die USA Mitte der Nullerjahre ihre Immobilienblase erlebten, gehen die Preise hierzulande stetig nur in eine Richtung.
Selbst die Zinswende konnte den Boom nicht wirklich stoppen. Und jetzt, mit der neuen Tiefzinsära, erhält der Markt nochmals einen Schub.
Verwundbarkeit nimmt zu
Die akute Gefahr einer Immobilienkrise oder einer heftigen Preiskorrektur ist kleiner geworden. Das zeigt auch der UBS-Immobilienblasenindex, wonach das Risiko einer landesweiten Blase seit 2022 von «erhöht» auf «moderat» gefallen ist.
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.
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Doch was ist in ein paar Jahren? «Die Immobilienpreise sind fundamental nicht mehr erklärbar», hat selbst Martin Schlegel im September gesagt. Und durch die tieferen Zinsen werde die «Verwundbarkeit» langfristig zunehmen.
Genau das ist das Risiko, nicht für heute und nicht für morgen, sondern dass sich die Immobilienpreise noch weiter aufblähen und der Schaden beim Bersten umso grösser wird.