Verlorenes Gepäck, stornierte Flüge, überfüllte Flughäfen: Die Aviatik-Branche hat im vergangenen Sommer ein desolates Bild abgegeben. Und jetzt das: Trotz der zuletzt schlechten Erfahrungen sollen Flug-Passagiere im Sommer 2023 für ihre Tickets kräftig draufzahlen. Am stärksten dreht ausgerechnet die Swiss an der Preisschraube.
Das deutsche Vergleichsportal Idealo hat die Ticketpreise von mehr als einem Dutzend europäischen Airlines angeschaut. Das Resultat: Die Swiss schlägt im kommenden Sommer 46 Prozent auf, was ein branchenweiter Spitzenwert ist. Auch der Swiss-Mutterkonzern Lufthansa sowie die österreichische Schwester Austrian gehören bei den Preiserhöhungen gemäss der Auswertung zu den Spitzenreitern.
Nachhaltigkeit hat ihren Preis
Dass es zu Preiserhöhungen kommt, hatte Swiss-Chef Dieter Vranckx (49) in einem Blick-Interview jüngst bereits angekündigt. Er begründete dies unter anderem mit den Nachhaltigkeitsbemühungen der Airline. Aber dass der Anstieg nun derart happig ausfällt, überrascht.
Die Swiss rechtfertigt die steigenden Preise mit Angebot und Nachfrage. «Ungeachtet dessen bieten wir unseren Kundinnen und Kunden aber auch weiterhin sehr attraktive und konkurrenzfähige Preise im Markt an», schreibt die Airline auf Anfrage. Die von Idealo errechnete Höhe der Preisaufschläge kann Swiss nicht bestätigen, verweist stattdessen darauf, dass die Preise in der Luftfahrt so dynamisch seien wie in kaum einer anderen Branche.
1,65 Millionen Preise analysiert
Darauf angesprochen, dass die Preiserhöhungen bei der Kundschaft nach dem chaotischen letzten Sommer auf wenig Gegenliebe stossen dürften, antwortet die Swiss: «Der Flugbetrieb von Swiss ist in der Sommerferienzeit in Anbetracht der Umstände sehr gut gelaufen, es ist zu keinen Zuständen gekommen, wie man sie im Ausland gesehen hat.» 97 Prozent der Flüge hätten trotz schwieriger Lage – Stichwort Personalnot – planmässig durchgeführt werden können.
Für die Auswertung hat Idealo laut eigenen Angaben 1,65 Millionen Preise analysiert. Ausgewertet wurden Hin- und Rückflüge in den Monaten Juni bis August für die Jahre 2021, 2022 und 2023. Die Preise für den kommenden Sommer können sich noch ändern, wie die Vergleichsplattform betont.
Airlines und Preise im Vergleich
Airline | 2022 zu 2023 | 2021 zu 2023 |
Swiss | +46,4 Prozent | +112,9 Prozent |
Lufthansa | +40,8 Prozent | +93,3 Prozent |
Austrian Airlines | +28,5 Prozent | +58,4 Prozent |
Turkish Airlines | +14 Prozent | +42,7 Prozent |
Iberia | +11,1 Prozent | +22,7 Prozent |
Air France | +10,4 Prozent | +32,5 Prozent |
Tui Fly | +7,4 Prozent | +43,5 Prozent |
Emirates | +4,2 Prozent | +57,8 Prozent |
KLM | +2,7 Prozent | +60,4 Prozent |
British Airways | –0,5 Prozent | +22,5 Prozent |
Eurowings | –2,1 Prozent | +11,5 Prozent |
Ryanair | –6 Prozent | +46,3 Prozent |
Condor | –6,5 Prozent | +11,7 Prozent |
Easyjet | –12,3 Prozent | +28,3 Prozent |
TAP Air Portugal | –22 Prozent | +2 Prozent |
Pegasus Airlines | –29,2 Prozent | –6 Prozent |
Es gibt aber auch Airlines, die ihre Preise kaum oder gar nicht erhöhen: Bei Emirates und KLM etwa steigen die Preise nur moderat. Einige Billigflieger, darunter Ryanair, Easyjet und TAP korrigieren die Preise sogar nach unten.
Für Schweizer Reisende sind das aber nur bedingt gute Nachrichten: Die Billig-Airlines sind hierzulande weniger stark vertreten. Easyjet etwa fliegt ab dem Flughafen Zürich nur drei Reiseziele in Südeuropa an. Wer eine breitere Auswahl möchte, muss auf den Euroairport in Basel ausweichen – oder doch ein teureres Swiss-Ticket kaufen.