Bei Airline-Angestellten herrscht dicke Luft. Jüngst drohte das Cockpit-Personal der Swiss mit Streik – unter anderem, weil die Crews ihre Einsatzpläne sehr kurzfristig erhalten. Es gibt nur wenige fixe freie Tage, etwa für die Kinderbetreuung. Im Rahmen der getroffenen Einigung gewährte die Swiss den Crews immerhin, dass der Arbeitsplan nun jeweils am 18. des Monats präsentiert wird – eine Woche früher als bisher.
Es ginge noch viel besser: Bei Easyjet Switzerland sind die Arbeitspläne bereits ein Jahr im Voraus bekannt. Jetzt zieht eine kleinere Schweizer Airline gleich: Chair Airlines führt ab dem 1. Januar 2023 eine neue, ganzjährige Block-Einsatzplanung ein. Das grundsätzliche Arbeitsmuster lautet: fünf Tage Arbeit, vier Tage frei, danach fünf Tage Arbeit, drei Tage frei.
Dieses Schema soll für mindestens acht Monate pro Jahr gelten. Ausgenommen sind die Hochsaison-Monate im Sommer und Herbst, die von allen Mitarbeitenden mehr Flexibilität erfordern.
Ein Jahr im Voraus Ferien planen
Gegenüber Blick erklärt Chair-CEO Shpend Ibrahimi (51): «Die Crews leisten sehr viel. Jeder Mitarbeitende hat Anrecht auf ein geregeltes Privatleben und soll sein soziales Umfeld pflegen können. Dem werden wir mit der Umstellung der neuen Einsatzplanung gerecht.» Genau genommen habe er sich bereits seit 2020 mit dieser Idee beschäftigt, die Umsetzung war infolge der Pandemie jedoch nicht früher möglich.
Die Kehrseite der Medaille: Damit die Chair-Mitarbeitenden vom neuen System profitieren können, müssen sie ihre Ferien und das Privatleben schon Monate im Voraus planen. Ist das ein Problem? «Die Block-Einsatzplanung ist ein Wunsch der Mitarbeitenden», entgegnet Ibrahimi.
Falls Mitarbeitende unterjährig doch anders planen wollen, dürfen Arbeitsblöcke intern abgetauscht werden. Für den Fall kurzfristiger Krankheitsausfälle ist auch gesorgt: Eine Crew pro Flug ist immer auf Stand-by. Sie ist nicht im aktiven Dienst, muss aber jederzeit abrufbar sein.
Chair muss Personal einstellen
Bei kleineren Fluggesellschaften sind solche Arbeitsplanungssysteme eher unüblich. Denn die Airline ist in der Einsatzplanung weniger flexibel. Und braucht deshalb mehr Personal. Das steigert die Kosten deutlich. «Um dieses Arbeitsmodell umsetzen zu können, müssen wir zehn Prozent mehr Personal einstellen», erklärt Ibrahimi. Bei einem aktuellen Personalbestand in der Kabine von 90 Personen kommen also neun Arbeitsplätze hinzu.
Ein lohnendes Investment? «Durch diese Massnahme können wir auch die Übermüdung von Piloten und Crews reduzieren und so zur Sicherheit in unserem Flugbetrieb beitragen», sagt Ibrahimi. Er verweist zudem darauf, dass Chair im vergangenen Chaos-Sommer keinen einzigen Flug aus Personalmangel habe streichen müssen – im Gegensatz etwa zu Easyjet und Swiss.
Woher das zusätzliche Personal rekrutiert wird, steht noch aus. Auch Swiss hat angekündigt, im nächsten Jahr 1500 neue Angestellte an Bord zu holen. Nicht nur Piloten und Flight Attendants, sondern auch Bodenpersonal. Konzernweit will die Lufthansa-Gruppe gar 20'000 neue Mitarbeitende einstellen – es zeichnet sich ein Kampf ums Personal ab.
Chair ist zuletzt dafür kritisiert worden, ausländische Arbeitskräfte aus Tieflohnländern zu rekrutieren. Ibrahimi kontert den Vorwurf: «Wir suchen primär in der Schweiz. Und stellen wir ausländische Arbeitskräfte ein, werden diese nach dem gültigen, fixen Tarif entlöhnt. Sie verdienen dann also nicht weniger als eine Schweizer Person.»