Darum gehts
- Schweizer Pharmafirmen unter Druck: Trump droht mit Strafzöllen auf Pharmaprodukte
- Novartis und Roche kündigen Milliarden-Investitionen in den USA an
- Novartis-Chef fordert höhere Arzneimittelpreise in Europa, fast dreimal so hoch
Donald Trump (78) setzt die Schweizer Pharmafirmen unter Druck: Der US-Präsident droht mit Strafzöllen auf pharmazeutische Produkte, was insbesondere die zwei hiesigen Branchenriesen zum Handeln gezwungen hat. Novartis teilte vor knapp zwei Wochen mit, 23 Milliarden Dollar in US-Werke investieren zu wollen. Konkurrent Roche zog am Dienstag nach und kündigte «historische Investitionen» von 50 Milliarden Dollar in den USA an. Gleichzeitig lobbyiert die Branche nun offensiv in Europa.
So fordert Novartis-Chef Vas Narasimhan (48) höhere Arzneimittelpreise in Europa. Geäussert hat er diese Forderung in einem offenen Brief, der in der britischen Wirtschaftszeitung «Financial Times» erschienen ist. Das Schreiben hat Narasimhan zusammen mit Paul Hudson (57), CEO des französischen Pharmagiganten Sanofi, verfasst.
Europa soll sich US-Preisen für Medis annähern
Die beiden Firmenchefs zeichnen ein schwarzes Bild von der derzeitigen Lage. Zwar beherberge Europa einige der wichtigsten Biopharmaunternehmen der Welt, doch diese Position sei gefährdet. «In der neuen Weltlage kann das europäische Pharmamodell – in Europa zu produzieren und in die USA zu exportieren – nicht fortbestehen», schreiben die beiden. Das zeigt: Trumps Zoll-Drohungen zeigen Wirkung bei den Pharma-Bossen.
Ihr Fazit: Europa müsse den heimischen Markt stärken. Aktuell würden Preiskontrollen und Sparmassnahmen die Attraktivität des Marktes schwächen. Konkret äussern Narasimhan und Hudson drei Forderungen. Das Hauptanliegen ist eines mit Sprengkraft: Die Europäische Union soll einen europaweiten Listenpreis einführen, der innerhalb der Spanne der US-Nettopreise liege. Dazu muss man wissen: Die Amerikaner zahlen laut Schätzungen von US-Behörden fast dreimal so viel für Medikamente und Generika wie vergleichbare Länder. Zudem soll die EU ein Ausgabenziel für Arzneimittel und Impfstoffe festlegen, damit Innovationen «gerecht belohnt werden».
Auch der Schweizer Branchenverband warnt
Nach den angekündigten Innovationen in den USA setzt die europäische Pharmabranche nun also Druck in der Heimat auf. Am Dienstag zeigte sich auch der Schweizer Branchenverband Scienceindustries besorgt – er warnte davor, dass die Schweiz als Produktionsstandort ins Hintertreffen geraten könnte. «Die Verschlechterungen der Standortattraktivität der Schweiz haben mit Donald Trump nichts zu tun», sagte Direktor Stephan Mumenthaler gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Laut einer Studie nehme die Attraktivität seit einiger Zeit in mehreren Bereichen ab.
Unabhängig davon, ob die Forderungen gerechtfertigt sind oder nicht: Die Schweizer Exportwirtschaft ist stark von der Pharmaindustrie abhängig. Wie sehr, zeigt ein Papier zur Schweizer Chemie- und Pharmabranche, das Ökonom Johannes von Mandach (30) vom Wirtschaftsberatungsunternehmen Wellershoff & Partners vor einigen Wochen veröffentlicht hat. «Unser Wohlstand pro Kopf wäre ohne Chemie und Pharma im vergangenen Jahr gesunken», heisst es in der Studie. Beunruhigend daran: «Dabei handelt es sich nicht um einen einmaligen Sondereffekt, sondern um einen langfristigen Trend», so von Mandachs Fazit.