«SP hätte das Telefon nicht abgenommen»
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Badran in Arena-Sendung:«SP hätte das Telefon nicht abgenommen»

Verlagerungswelle wegen Zollwahnsinn
Jetzt nimmt uns Trump auch noch die Hightech-Jobs weg

Der US-Präsident hat schon gewonnen. Er muss nur mit Zöllen drohen, und schon investieren Schweizer Firmen Milliarden in den USA oder verlagern die Produktion dorthin. Das schadet dem Schweizer Forschungs- und Werkplatz. Doch nicht alle knicken ein.
Publiziert: 00:05 Uhr
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Aktualisiert: vor 7 Minuten
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US-Offensive: Novartis-Chef Vasant Narasimhan.
Foto: STEFAN BOHRER

Darum gehts

  • Novartis investiert massiv in USA, Schweizer Standort unter Druck
  • Auch andere Schweizer Unternehmen erwägen Produktionsverlagerung in die USA
  • 95 Prozent der befragten KMU planen keine Produktionsverlagerung in die USA
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Es war eine kontrollierte Sprengladung, die Novartis am Freitag zündete. Der Basler Pharmakonzern kündigte an, in den nächsten fünf Jahren 23 Milliarden Dollar in den USA zu investieren. Das Unternehmen will die Produktion vor Ort massiv herauffahren. Zudem plant Konzernchef Vas Narasimhan (48) den Aufbau eines Forschungslabors in San Diego. Diese Schritte waren zwar schon länger geplant, doch der Zeitpunkt der Ankündigung diente offensichtlich dem Zweck, die US-Regierung milde zu stimmen.

«Sie küssen mir den Arsch», sagte Donald Trump (78) diese Woche über Handelspartner, die sich bei ihm um einen Deal bemühen würden. Auch Lokalrivale Roche meldete, weitere Investitionen in den USA zu erwägen, um den «Bedürfnissen der Patienten in den USA weiterhin gerecht zu werden». Anders als Novartis hat Roche mit der Übernahme des Biotechunternehmens Genentech einen deutlich grösseren Fussabdruck in den Vereinigten Staaten und beschäftigt dort 25’000 Mitarbeitende.

Für den Standort Basel ist die US-Offensive ein Schock: Es ist zu befürchten, dass in Zukunft weniger investiert und auch weniger produziert wird. Die Folgen lassen sich kaum abschätzen. Der Verband Scienceindustries will die Folgen der Investmententscheide nicht kommentieren und sagt, dass Produktionsverlagerungen «unterschiedliche Auswirkungen» auf den Wirtschaftsstandort Schweiz haben können.

Kein echtes Bekenntnis zur Schweiz

Novartis will die Frage erst gar nicht beantworten, ob durch die Milliarden-Ankündigung Jobs in der Schweiz bedroht sind: «Wir sind weiterhin entschlossen, in Märkte zu investieren, die pharmazeutische Innovationen wertschätzen und Richtlinien und Vorschriften umsetzen, die einen schnellen und breiten Zugang der Patienten zu innovativen Medikamenten fördern», sagt eine Sprecherin. Ein Bekenntnis zum Standort Schweiz klingt anders.

Doch nicht nur die Pharmaindustrie beginnt sich im Handelskrieg neu zu positionieren. Auch Unternehmen der Maschinen- und Tech-Industrie erwägen, ihre Produktionskapazitäten in den USA auszubauen. So will der Technologiekonzern ABB in Tennessee und Mississippi insgesamt 120 Millionen Dollar in zwei Werke investieren. Oder das kleine Bieler Techunternehmen MPS, das in den USA den Aufbau einer Produktion erwägt.

Und was sagt der Industriellen-Verband zur anrollenden Verlagerungswelle? «Es ist eine Kernaufgabe eines jeden Unternehmens, die adäquate Antwort auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu finden», so ein Sprecher von Swissmem. Je nach Firma könne eine Produktionsverlagerung der «richtige Schritt» sein – doch kaum für alle Unternehmen. Vor allem für die KMU sei der Aufbau einer Produktion schwierig.

Das Ohr bei den KMU hat die Exportförderungsagentur Switzerland Global Enterprise (S-GE), wo seit Tagen die Telefone heiss laufen. «Ja, wir erhalten Anfragen von Unternehmen, die eine lokale Präsenz in den USA auf- oder ausbauen wollen. Akut waren in den letzten Tagen vor allem Fragen zu technischen Zollthemen», sagt eine Sprecherin der Organisation, die im Auftrag des Bundes Schweizer Unternehmen unterstützt. Ein Onlineseminar zum Thema nächste Woche mit 1000 Teilnehmenden ist bereits ausgebucht.

S-GE berät aber auch Unternehmen, die in den USA investieren und eine Produktion aufbauen wollen. «Über unser Netzwerk stellen wir Kontakte zu spezialisierten Beratern her», sagt die Sprecherin. Doch ist es die Aufgabe einer vom Bund finanzierten Organisation – mit Ruth Metzler steht immerhin eine Ex-Bundesrätin an der Spitze – Schweizer KMU zu helfen, Arbeitsplätze nach Amerika zu verschieben? «Unser Job ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen zu stärken und damit Arbeitsplätze im Inland zu sichern», sagt die S-GE-Sprecherin dazu.

Victorinox weiter schweizerisch

Nichts wissen von einer Verlagerung will Carl Elsener (65), Chef von Victorinox. Der Sackmesser-König aus Ibach SZ produziert ausschliesslich in der Schweiz – und das soll auch so bleiben, wie er gegenüber Bloomberg am Samstag sagte. Rund 20 Prozent des Umsatzes erzielt Victorinox in den USA, deshalb könnten Zölle auf den Gewinn drücken. «Wir prüfen derzeit, inwieweit Preisanpassungen möglich sind, ohne dass wir dadurch nennenswerte Marktanteile verlieren», sagte Elsener.

Angst vor einem Exodus ist nicht angebracht. Der Verband Swissmechanic vertritt die KMU der Schweizer Techindustrie. Diese Woche führte er eine Umfrage unter seinen Mitgliedern durch. Demnach planen 95 Prozent der Befragten keine Produktionsverlagerung in die USA, nur 5 Prozent würden dies überhaupt in Erwägung ziehen. Bei total 1350 Mitgliedsfirmen entspreche das rund 65 Unternehmen, sagt Verbandspräsident Nicola Roberto Tettamanti.

Tettamanti führt im Tessin den Familienbetrieb Tecnopinz. Er kämpft für den Schweizer Werkplatz: «Unser Verband bietet verschiedene Dienstleistungen im Exportbereich für unsere Mitgliedsfirmen, nicht aber im Bereich der Verlagerung der Produktion, da wir als Schweizer Verband uns genau für den Standort Schweiz einsetzen», sagt er. «Wir sind stolz auf die Qualität unserer Produkte und auf die Bedeutung von ‹Swiss made›.»

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