Darum gehts
- Trump droht mit Zöllen auf Pharmaprodukte, Schweizer Wirtschaft besorgt
- 50 Prozent der Schweizer Pharmaexporte gehen in die USA
- «Wird Schweizer Wirtschaft hart treffen», so Ökonom Johannes von Mandach
Nach Donald Trumps (78) «Befreiungstag» gabs in der Schweizer Pharmabranche das grosse Aufatmen: Der US-Präsident schloss bei seinem neuen Zollpaket, das auch die Schweiz trifft, Importabgaben auf pharmazeutische Erzeugnisse explizit aus. Bisher hat er es nicht gewagt, das WTO-Abkommen anzutasten, das Zölle auf Medikamente untersagt. Am Freitag dann die Kehrtwende: Er werde bald Zölle gegen ausländische Pharmaunternehmen einführen, sagte Trump zu Journalisten – und zwar «in einem Ausmass, wie man es noch nie zuvor gesehen hat».
«Es würde die Schweizer Wirtschaft hart treffen»
Ein Satz, der in der Schweiz für Bibbern sorgt. Weil China fast zeitgleich noch Gegenzölle verkündete, stürzte der Leitindex SMI am frühen Nachmittag um mehrere Prozentpunkte ab. Aus dem Handel ging der SMI mit einem Minus von 5,1 Prozent. Auch die Pharma-Aktien erlitten herbe Verluste. Das zeigt: Die Schweizer Wirtschaft ist stark von der hiesigen Pharmabranche abhängig. Rund ein Viertel aller Exporte entfällt auf die von Konzernen wie Novartis und Roche getragene Industrie. Und gleichzeitig haben sich die USA zum entscheidenden Absatzmarkt entwickelt. Mittlerweile geht die Hälfte der Pharmaexporte ins Trump-Land.
Entsprechend besorgniserregend sind Trumps angekündigte Pharma-Zölle, auch wenn Konkretes dazu noch fehlt. «Das wäre eine deutliche Verschärfung und würde die Schweizer Wirtschaft hart treffen», sagt Ökonom Johannes von Mandach (30) vom Wirtschaftsberatungsunternehmen Wellershoff & Partners auf Anfrage von Blick. Und weiter: «Wenn die Nachfrage nach Pharmaprodukten durch hohe Zölle unter Druck gerät, werden wir das deutlich spüren.»
Erst kürzlich veröffentlichte von Mandach ein Papier zur Schweizer Chemie- und Pharmabranche. Sein Befund: «Unser Wohlstand pro Kopf wäre ohne Chemie und Pharma im vergangenen Jahr gesunken», heisst es in der Studie. Beunruhigend daran: «Dabei handelt es sich nicht um einen einmaligen Sondereffekt, sondern um einen langfristigen Trend», so von Mandachs Fazit.
Trumps Aussagen sollte man also nicht auf die leichte Schulter nehmen, findet der Ökonom: «Diese Drohung müssen wir ernst nehmen.» Mittlerweile ist klar, dass der US-Präsident Zölle nicht nur als Druckmittel einsetzt, sondern sie als Instrument versteht, um die eigene Wirtschaft zu stärken. «Dennoch dürfte Trumps Wirtschaftspolitik auch in Zukunft schwer zu prognostizieren sein», merkt von Mandach an.
Pharmabranchenverband gibt sich kämpferisch
Das wankelmütige Gemüt des US-Präsidenten macht Zukunftspläne für die hiesige Pharmaindustrie schwierig. Darum halten sich die grossen Unternehmen mit klaren Statements zurück. Der Pharma-Riese Roche, der aktuell rund 25'000 Mitarbeitende in den USA beschäftigt, teilt auf Anfrage mit: «In den Vereinigten Staaten deckt Roche die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Pharma und Diagnostik ab. Wir erwägen weitere Investitionen in den USA, um den Bedürfnissen der Patienten in den USA weiterhin gerecht zu werden.»
Konkurrent Novartis mit gut 12'000 Angestellten in den USA richtet auf Anfrage aus, man habe eine «widerstandsfähige weltweite Produktions- und Lieferkette» entwickelt. «Wir sind bestrebt, mit den von Präsident Trump geleiteten Behörden und dem amerikanischen Kongress konstruktiv zusammenzuarbeiten.»
Kämpferisch gibt sich der Verband Scienceindustries. «Unsere Produkte sind wegen der Patente schwer substituierbar», sagte Scienceindustries-Präsident Matthias Leuenberger gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. In den USA geniessen die Pharmafirmen grossen Freiheiten, sie können die Medikamentenpreise grösstenteils diktieren. Entsprechend dürften die US-Bürger höhere Zölle direkt im Portemonnaie zu spüren bekommen. «Donald Trump weiss, dass die Gesundheitskosten ein grosses Politikum sind», so Leuenberger.