Novartis erwirtschaftete 2022 einen Reingewinn von sieben Milliarden Dollar – 71 Prozent weniger als im Vorjahr. Das gab der Basler Pharmakonzern am Mittwochmorgen bekannt. 2021 fiel der einmalige Ertrag vom Verkauf der Roche-Anteile ins Gewicht. Diesen aussen vor gelassen, ist der Gewinn von Novartis 2022 nur um 9 Prozent zurückgegangen.
Stellenabbau drückt aufs Ergebnis
Hauptursachen für den Rückgang waren höhere Restrukturierungskosten, vor allem im Zusammenhang mit der angekündigten Straffung des Unternehmensmodells. Novartis hatte im letzten Sommer einen massiven Stellenabbau angekündigt: Weltweit werden 8000 von 108'000 Jobs gestrichen. In der Schweiz verschwinden 1400 von 11'600 Jobs – mehr als jeder zehnte.
«Wir werden das Restrukturierungsprogramm bis im Sommer abschliessen», kündigte Novartis-CEO Vas Narasimhan (46) in einer Telefonkonferenz zum Jahresergebnis an. Er versprach ausserdem, dass danach nicht bereits das nächste Abbauprogramm angekündigt werde. «Novartis wird ab dem zweiten Halbjahr ein strafferes Unternehmen sein, auch dank der Sandoz-Abspaltung», so Narasimhan weiter.
Novartis hatte im letzten Jahr angekündigt, die Generika-Sparte Sandoz abzuspalten, um sich noch stärker auf den Bereich der Innovativen Medizin zu konzentrieren. Die Abspaltung sei «auf Kurs», so Novartis, und soll im zweiten Halbjahr erfolgen.
Der Nettoumsatz belief sich im Geschäftsjahr 2022 auf 50,5 Milliarden Dollar, was einem Minus von 2 Prozentpunkten entspricht. Dies, obwohl die Volumina um 11 Prozentpunkte gesteigert werden konnten – ein «Preiszerfall um 4 Prozentpunkte und Einbussen durch Generikakonkurrenz von 3 Prozentpunkten» frassen die Steigerung aber teils wieder auf, so Novartis.
China soll Wachstumstreiber sein
Trotz happigem Minus bei Gewinn und Umsatz: Novartis-Boss Narasimhan betonte am Mittwoch, wie optimistisch er in die Zukunft blicke. «Wir können auf unserem soliden Wachstum 2022 aufbauen.» Man sei auf dem besten Weg hin zu einem auf innovative Arzneimittel fokussierten Unternehmen mit einer «einzigartigen» Positionierung. Die Pipeline sei voll, heisst es aus der Unternehmenszentrale in Basel. Genau hier hatt es in der Vergangenheit aber Kritik gehagelt: Aktionäre hatten bemängelt, dass Novartis eben gerade keine aussichtsreichen neuen Arzneimittel in der Pipeline habe und hatten die Novartis-Aktien an der Börse abgestraft.
Geografisch will sich Novartis auf Wachstum in den Märkten USA, China, Deutschland und Japan konzentrieren. «In China beobachten wir den Beginn anziehender wirtschaftlicher Aktivitäten», sagte Narasimhan mit Bezug auf das Ende der strikten Null-Covid-Politik. Normalität werde wohl erst im zweiten Halbjahr einkehren – dann aber umso mehr: «Wir erwarten, dass China mittelfristig einer unserer am schnellsten wachsenden Märkte ist.»
Kritik an europäischen Regierungen
Deutschland ist für Novartis traditionell ein wichtiger Markt, der Schweizer Pharmariese ist dort schon seit Jahren die Nummer 1. «Die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland gehören zu den besten Europas», lobte Narasimhan. Gleichzeitig nahm er die europäischen Regierungen in die Pflicht: «In vielen europäischen Ländern schwindet die Attraktivität für Innovationen. Das bereitet uns grosse Sorgen. Es braucht weiterhin Investitionen in unseren Sektor.»
Von Blick auf die spezifischen Herausforderungen in der Schweiz angesprochen, ruderte Narasimhan mit seiner harschen Kritik an den politischen Rahmenbedingungen in Europa allerdings etwas zurück: «Die Schweiz ist Pro-Innovation und Pro-Talent. Diesen Ansatz muss die Schweiz unbedingt beibehalten.» Zu diesem Zweck wäre auch ein Rahmenabkommen mit der EU wichtig, mahnte Narasimhan. «Aber grundsätzlich sind wir zufrieden in der Schweiz. Wir arbeiten sehr konstruktiv mit den Schweizer Behörden zusammen.»
Narasimhan kassiert weniger Lohn
Gute Nachrichten gab es am Mittwoch für die Aktionäre: Sie erhalten eine auf 3.20 Franken von 3.10 Franken erhöhte Dividende, wie das Unternehmen mitteilte. Das vermochte die Anleger aber nicht über das Minus bei Gewinn und Umsatz hinwegzutrösten. Sie straften Novartis an der Börse ab, die Aktie verlor kurz nach Handelseröffnung am Mittwochmorgen mehr als 1 Prozent.
Auch bekannt wurde der Lohn von Novartis-Chef Vas Narasimhan (46). Er hat im vergangenen Jahr deutlich weniger verdient als noch 2021. Insgesamt betrug seine Gesamtvergütung im letzten Jahr 8,5 Millionen Franken, nach 11,2 Millionen Franken im Jahr zuvor. Während das Grundsalär stabil bei 1,8 Millionen blieb, sind 2022 insbesondere die Zahlungen aus den variablen langfristigen Vergütungsplänen markant tiefer ausgefallen. (nim/sfa/SDA)