Es ist grotesk: Eben wurde durch die «NZZ am Sonntag» bekannt, wie viel Geld der ehemalige Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz (65) allein 2008 verdient hat: nämlich an die 14 Millionen Franken. Insgesamt soll der inzwischen tief gefallene und angeklagte Vincenz zwischen 2005 und 2015 an die 39 Millionen Franken kassiert haben.
Eine Summe, die normalerweise weit über ein Leben hinausreichen sollte. Vor allem für einen volksnahen Bankenboss, als den sich Vincenz damals präsentierte und die Chefs der Grossbanken gerne für ihre Millionensaläre kritisierte. Doch bei Überflieger Vincenz war offenbar bereits 2014 wieder Ebbe im Portemonnaie.
Kollegen angepumpt
Nach einer Krawallnacht im Zürcher Luxushotel Hyatt hatte Vincenz offenbar zu wenig Geld, um den von ihm verursachten Schaden wiedergutzumachen: «Als im Juni 2014 Vincenz die Beherrschung verlor und ein Edel-Escort aus Moldawien, dem er die Liebe versprochen hatte, verprügelte, fehlten die Mittel für Schadenersatz», schreibt das Finanzportal «Inside Paradeplatz».
Vincenz habe für die siebenstellige Entschädigung der Sexarbeiterin Bekannte anpumpen müssen. Eingesprungen sei vor allem sein Partner Beat Stocker (60), der wie Vincenz im Januar 2022 vor den Richter muss, unter anderem wegen gewerbsmässigen Betrugs Veruntreuung und Urkundenfälschung.
Überraschend schneller Abgang
Ein Multimillionär, dem das Geld fehlt, um einen grossen Schaden zu begleichen? Es war damals wohl nicht das einzige Problem von Pierin Vincenz. Seine Tage bei Raiffeisen neigten sich dem Ende zu – auch wegen wachsendem internen Widerstand.
Insbesondere der viel gescholtene damalige Raiffeisen-Präsident Johannes Rüegg-Stürm (60) soll gemäss «Inside Paradeplatz» dem mächtigen Banker die Stirn geboten und den Rücktritt Vincenz vorangetrieben haben. Ende Januar 2015 erfuhr die staunende Öffentlichkeit vom angekündigten Rücktritt. Acht Monate später, am 30. September, war die Ära Vincenz bei Raiffeisen Geschichte. (koh)