Der ehemalige Raiffeisen-Präsident, Johannes Rüegg-Stürm (60), habe die Spesenbelege von Pierin Vincenz (64) aus dem Rotlichtmilieu genehmigt. Deshalb verlangen die Verteidiger des angeklagten Ex-Raiffeisen-Chefs Vincenz, dass diesem die exorbitanten Ausgaben über die Firmenkreditkarte nicht zur Last gelegt werden könnten. Das schreibt die «SonntagsZeitung».
Bei der Einvernahme von Rüegg-Stürm, der im Prozess nicht angeklagt ist, habe dieser bestätigt, dass er alle Spesenpositionen einzeln durchgegangen sei. Dem St. Galler Professor für Betriebswirtschaft sei dabei nicht aufgefallen, dass die Spesenrechnungen von Stripclubs und Cabarets mit so vielsagenden Namen wie Cecil Dance in Lugano-Paradiso stammten.
Verdächtig schien dem Ex-Präsidenten auch nicht, dass Vincenz Edelcabarets und Ähnliches fast im Wochenrhythmus besuchte. Gemäss den Spesenrechnungen, die die Zürcher Staatsanwaltschaft zu sehen kriegte, gab Vincenz über 100'000 Franken für solche Etablissements, Champagner und anderes Prickelndes aus.
Auch Reparaturspesen für zerstörte Suite
Auf Firmenkosten ging offenbar auch die Reparatur der Suite 507 im Zürcher Park Hyatt Hotel von 3778 Franken. Hier verbrachte Vincenz laut Bericht die Nacht vom 11. auf den 12. Juni 2014 mit einer Cabaret-Tänzerin. Das Tête-à-Tête endete offenbar in einem heftigen Streit. Das Hotelzimmer wurde in Mitleidenschaft gezogen. Am teuersten war mit 1200 Franken der Ersatz der zerstörten Teppiche.
Nicht einmal die Ausgaben im Ausland sollen Rüegg-Stürm skeptisch gemacht haben. Dies auch in Ländern, wo Raiffeisen keine Geschäfte hatte. Im Emirates Golf Club liess Vincenz 800 Franken liegen. Im legendären Cavalli Club in Dubai fast 8000 Franken.
Sechs Jahre Gefängnis gefordert
Neben dem Ex-Raiffeisen-Chef ist auch Beat Stocker (60), Ex-Chef der Kreditkartenfirma Aduno, angeklagt. Für Vincenz und Stocker gilt die Unschuldsvermutung.
Die beiden sollen laut Staatsanwaltschaft fragwürdige Deals zum Nachteil ihrer Arbeitgeber durchgezogen haben: Gewerbsmässiger Betrug, Urkundenfälschung und passive Bestechung werden ihnen vorgeworfen.
Auch Veruntreuung steht auf der Liste der Anklagepunkte. Vincenz soll für sechs Jahre ins Gefängnis. Zudem verlangt der Staatsanwalt die Rückzahlung von neun Millionen Franken. (gnc)