Stell dir vor, du erhältst die Kündigung – und gleichzeitig stellt dein Arbeitgeber im Akkord neues Personal ein. Das stösst sauer auf. In vielen Unternehmen ist es die Realität, wie die neue Ausgabe des Jobradars der Schweizer Arbeitsmarktanalysefirma x28 zeigt.
Der Jobradar bringt ans Licht, wie viele Stellen in der Schweiz im ersten Quartal 2024 ausgeschrieben waren – rund eine Viertelmillion. Für die Erhebung setzt x28 auf sogenanntes Webcrawling: Firmenwebseiten, Jobbörsen und Homepages von Personaldienstleistern werden täglich automatisiert abgesucht und ausgewertet.
Lehrermangel macht sich bemerkbar
Untersucht wird einerseits, welche Berufe auf dem Arbeitsmarkt besonders begehrt sind. Wie schon im Vorquartal stehen Pflegefachpersonen an erster Stelle. Mit Fachangestellten Gesundheit (FaGe) schafft es ein zweiter Beruf aus der Gesundheitsbranche in die Top 10 der am häufigsten ausgeschriebenen Stellen.
Auch wenn Software-Entwickler weiterhin zu den begehrtesten Arbeitskräften gehören: Insgesamt schreibt die IT-Branche massiv weniger Jobs aus als noch vor zwei Jahren. Das hängt unter anderem mit der weltweiten Entlassungswelle bei den grossen Tech-Konzernen zusammen.
Neu in den Top 25 vertreten sind Lehrpersonen. Das hat damit zu tun, dass das neue Schuljahr langsam in Sichtweite rückt. Schulen, die fürs neue Schuljahr ab dem Sommer noch Verstärkung suchen, sind gut beraten, ihre Fühler schon früh auszustrecken: Es herrscht akuter Lehrermangel.
Neben den begehrtesten Berufen untersucht der Jobradar auch, welche Arbeitgeber gerade besonders viel Personal einstellen. Die Erhebung errechnet dafür die durchschnittliche Anzahl an Stelleninseraten, die pro Tag auf der Website des jeweiligen Arbeitgebers online war, und vergleicht sie mit dem Vorquartal.
Im Vergleich zum Vorquartal besonders aktiv Stellen ausgeschrieben haben unter anderem die Schulen im Kanton Schaffhausen (+389 Prozent) sowie die Schulen im Kanton St. Gallen (+118 Prozent). Sie haben dazu beigetragen, Lehrpersonen unter die Top 25 der begehrtesten Berufe zu befördern.
Interne Mobilität funktioniert kaum
Auffällig: Unter den Arbeitgebern, die ihre Stellenausschreibungen besonders stark gesteigert haben, sind gleich mehrere Konzerne, bei denen gleichzeitig im grossen Stil Jobs abgebaut werden. Darunter das Kantonsspital St. Gallen (+69 Prozent ausgeschriebene Stellen). Die Spitäler St. Gallen führen gerade einen Abbau von 440 Jobs durch, den Löwenanteil davon am Kantonsspital St. Gallen.
Ebenfalls unter den aktivsten Arbeitgebern: die Genossenschaft Migros Zürich (+84 Prozent). Gleichzeitig wird es im Zuge des Verkaufs von Melectronics, Hotelplan, SportX und Mibelle in der Migros-Konzernzentrale zu einem Abbau von 1500 Jobs kommen. Tatsächlich wird die Migros nicht müde zu betonen, dass dem geplanten Abbau 1300 aktuell ausgeschriebene Jobs gegenüber stehen.
Dass an einer Stelle abgebaut, an anderer Stelle im gleichen Konzern rekrutiert wird, beweist, wie schlecht es um die interne Mobilität steht. Nur in Einzelfällen können Angestellte in einen anderen Konzernbereich versetzt statt entlassen werden. Meist passt das Jobprofil nicht.
CS-Personal sucht das Weite
Unter den Arbeitgebern mit dem stärksten Anstieg bei den Stellenausschreibungen ist auch die Grossbank UBS (+24 Prozent). Und das, obwohl im Zuge der Credit-Suisse-Integration ein massiver Stellenabbau ins Haus steht. Schon bevor es mit der Entlassungswelle so richtig losgeht, kämpft die UBS mit einem Aderlass beim Personal: Die UBS selber spricht in ihrem Geschäftsbericht von einer «zunehmenden Zermürbung unter den CS-Angestellten».
Wer kann, wechselt zu Privat- oder Kantonalbanken. Die UBS muss die Abgänge ersetzen – und gehört genau dadurch zu den Firmen, die aktuell am fleissigsten Stellen ausschreiben.