Selbst Hans-Jörg Bertschi (67) muss zugeben: «So, wie die bilateralen Verträge heute ausgestaltet sind, sind sie positiv für die Schweiz.» Doch damit ist es in den Augen des Transportunternehmers nun auch gut, einen weiteren Ausbau der Beziehungen mit der EU braucht es nicht. «Die Schweiz sollte am Status Quo festhalten, das ist auch für die Industrie verkraftbar», so Bertschi, der im Komitee von Autonomiesuisse sitzt.
Bertschi ist einer der Initiatoren der Unternehmervereinigung, die sich einsetzt für «eine Schweiz, die gegenüber der EU wie anderen Ländern auf Augenhöhe auftritt». Die inzwischen abgebrochenen Verhandlungen zu einem Rahmenabkommen hatten Bertschi 2019 auf den Plan gerufen. Die im Moment laufenden Verhandlungen mit der EU (Bilaterale III) sieht er kritisch, er befürchtet eine Einschränkung der demokratischen Rechte. Seine Kritik gilt dem geplanten Streitschlichtungsmechanismus, bei dem europäische Richter im Konfliktfall das letzte Wort haben sollen.
Zu viel Bürokratie
Auch vor der dynamischen Anpassung an europäisches Recht warnt der Verwaltungsratspräsident der global tätigen Bertschi Group: «Hier muss die Schweiz eine Grenze ziehen, wenn sich unsere wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verschlechtern drohen, etwa beim kürzlich beschlossenen bürokratisch ausufernden EU-Lieferkettengesetz.»
Mit diesem Gesetz müssen die Unternehmen unter anderem nachweisen, dass ihre Lieferketten im Einklang mit dem Pariser Abkommen im Kampf gegen Klimawandel sind. Dieses sieht vor, dass der globale Temperaturanstieg bis 2050 nicht mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegt. «Wie das bei globalen Lieferketten nachzuweisen ist, ist mir schleierhaft», so Bertschi. «Will die EU künftig auf den Handel mit grossen Teilen der Welt verzichten?» Zum Beispiel mit China oder Indien, die das Klimaziel erst 2060 beziehungsweise 2070 erreichen wollen?
Im Gegensatz zu den Befürwortern weiterer Abkommen mit der EU bezweifelt Bertschi, dass neue Verträge mit der EU das Wirtschaftswachstum in der Schweiz nachhaltig ankurbeln könnten. Sein Fazit: «Abkommen sind gut, solange man sich nicht dem Handelspartner unterordnen muss.»