Verzweifelte Europa-Freunde
Ins Jammertal statt nach Brüssel

Die Euroturbos des Parlaments stecken in der Krise. Die Idee einer Volksinitiative spaltet das Lager. Und jetzt übernimmt auch noch einer ihrer Widersacher die FDP.
Publiziert: 29.08.2021 um 16:10 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2021 um 16:26 Uhr
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Nichts geht: Zwischen Brüssel und Bern gibt es kaum Bewegung.
Foto: Shutterstock
Reza Rafi

Sie hatte schon lustigere Zeiten erlebt, die Europa-Fraktion des Schweizer Parlaments. Seit dem Paukenschlag vom 26. Mai, als der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU (InstA) versenkte, ist ihre Lage nicht besser geworden – im Gegenteil. Wenn morgen Montag die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats tagt, geht es wieder einmal um die Verwaltung der europapolitischen Orientierungslosigkeit.

Was den InstA-Befürwortern besonders zu schaffen macht: In der Bundesverwaltung will man ihre Aufregung nicht so recht teilen. Vor allem in Guy Parmelins Wirtschaftsdepartement gilt die Devise: abwiegeln und beschwichtigen. Fehlende Forschungsgelder aus der EU? Übernimmt der Bund. Bedrohter Marktzugang für den Export? Regeln wir sektoriell. Erosion der Bilateralen? Wird nicht stattfinden.

Streit im eigenen Lager

Erschwerend kommt hinzu, dass sich der 26. Mai nicht als dramatische Zäsur auswirkt, sondern scheibchenweise. Weshalb es schwierig wird, das Thema politisch zu bewirtschaften.

Zur allgemeinen Ohnmacht gesellt sich ein lähmender Richtungsstreit. Der eine Flügel der Europhilen favorisiert eine Volksinitiative, um die Integration auf diesem Weg zu erreichen. Die Zustimmungswerte zum InstA in der Bevölkerung gelten als Hauptargument.

Der andere Flügel warnt vor dem Begehren: Eine Initiative würde erstens die europafeindlichen Kräfte stärken, zweitens als Zwängerei wahrgenommen werden und drittens ein immenses Risiko im Falle einer Ablehnung bedeuten.

Ständerat erteilt Absage

Ein weiterer Dämpfer ist die absehbare Wahl des Aargauer Ständerats Thierry Burkart (46) zum FDP-Präsidenten: Damit würde der Freisinn als letzte Bastion des Rahmenvertrags von einem Mann geführt, der dem europakritischen Aargauer Komitee Autonomiesuisse nahesteht. Die Personalie wird für das ramponierte Grüppchen zum Fanal.

Dass der herrschende Bundesberner Zeitgeist Brüssel entgegensteht, zeigt auch der jüngste Entscheid des Büros des Ständerats zur Kohäsionsmilliarde: Wie SRF berichtet, hat die kleine Kammer der Regierung eine Absage erteilt, die das Geschäft für dringlich erklären und somit als Geste gegenüber Brüssel beschleunigen wollte.

Bleibt aus Sicht der Euroturbos lediglich ein Trost: Es kann für sie beinahe nur besser werden.

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