Wladimir Putin (69) schraubt am Gashahn. Und das nur in eine Richtung: Er dreht ihn langsam zu. Der russische Gaskonzern Gazprom kündigte kürzlich an, die Gaslieferung durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 von derzeit 40 Prozent auf 20 Prozent der maximalen Kapazität zu senken. Energieminister aller EU-Länder versetzt das in Aufregung. Europa befürchtet ein Ende der Gaslieferungen aus Russland.
Vertreter der EU-Staaten haben deshalb einen Notfallplan zur Senkung des Gaskonsums ausgearbeitet. Ab dem 1. August bis zum 31. März 2023 soll der nationale Konsum freiwillig um 15 Prozent gesenkt werden. Bei weitreichenden Versorgungsengpässen könnten verbindliche Einsparziele eingeführt werden.
Schweiz von Deutschland abhängig
Der Notfallplan geniesst breite Unterstützung – auch von Deutschland, das stark von Gaslieferungen aus Russland abhängig ist. Ganz am Ende der Gasleitung Deutschlands hängt auch die Schweiz. Drei Viertel des hierzulande verbrauchten Gases kommen aus Deutschland. Die Schweiz ist abgängig davon, dass Deutschland selbst bei einer Mangellage weiter Gas liefert. Muss die Schweiz also auch beim Notfallplan mitmachen?
Blick hat beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) nachgefragt. «Derzeit lässt sich nicht sagen, wie sich die zunächst freiwilligen Massnahmen (…) auswirken werden», heisst es da. Ein konkretes Reduktionsziel im Stil der EU kann der Bundesrat derzeit allerdings gar nicht erlassen. Das Gesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung verbietet es, eine Reduktion des Gasverbrauchs einzuleiten, bevor eine Mangellage besteht.
Gretchenfrage: Wer muss verzichten?
So weit will es das Uvek erst gar nicht kommen lassen. Im Hintergrund arbeite man seit Monaten daran, Lösungen für die Versorgungssicherheit für den kommenden Winter zu finden. «Die Schweiz ist in Gesprächen über ein Solidaritätsabkommen mit Ländern, mit denen wir direkte Verbindungen im Bereich Gas haben», heisst es beim Uvek. Am Rand des Weltwirtschaftsforums in Davos GR wurden entsprechende Gespräche zwischen der Schweiz und Deutschland bereits aufgenommen.
Ein konkretes Reduktionsziel beim Gas gibt es in der Schweiz also nicht. Vergangene Woche hat der Bund aber einen Vier-Stufen-Plan bei einer Gas-Mangellage vorgestellt. Als Erstes setzt der Bundesrat auf Sparappelle. Wenn das nicht reicht, werden Zweistoffanlagen von Gas auf Öl umgeschaltet. Und wenn alle Stricke reissen, kommt man um Einschränkungen und Kontingentierungen nicht herum.
Die Gretchenfrage wird allerdings sein, wer im Fall von Kontingentierungen aufs Gas verzichten muss. Geschützt sind etwa Privathaushalte sowie Spitäler und Blaulichtorganisationen. Industrieunternehmen hingegen müssen um ihren Nachschub bibbern.