Putins potenteste Kriegswaffe
Gas entzweit Europa – Russland freuts

Europa steht ohne russisches Gas im kommenden Winter vor massiven Problemen. Kreml-Chef Wladimir Putin nutzt die Situation aus. Und hält die Abhängigkeit aufrecht.
Publiziert: 22.07.2022 um 16:57 Uhr
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Düstere Aussichten: Ohne russisches Gas wird könnten in Europa im kommenden Winter die Heizungen kalt bleiben.
Foto: keystone-sda.ch

Europa hängt nach wie vor am Gas-Tropf Russlands. Die EU will zwar so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas werden. Davon ist sie aktuell aber noch weit entfernt. Und das weiss Russlands Präsident Wladimir Putin (69) ganz genau.

Putin setzt sein Gas deshalb als Waffe ein. Er leitet nur so viel Gas in die EU, dass Länder wie Deutschland ihre Gasspeicher nicht vollkriegen und auch im Winter noch auf seine Lieferungen angewiesen sein werden. «Wir sind Russland momentan ausgeliefert, weil sie darüber entscheiden, wie viel Gas Nord Stream 1 an uns weiterleitet», sagte Klaus Müller (51), Präsident der deutschen Bundesnetzagentur.

Sparplan sorgt für Streit unter den EU-Mitgliedern

Das hat auch direkte Folgen für die Schweiz. Ohne eigene Gasspeicher sind wir auf die Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Das meiste Gas fliesst aus Deutschland zu uns. Wird das Gas beim grossen Nachbarn knapp, befürchtet die Landesregierung einen Lieferstopp. Ein Gasmangel könnte die Solidarität unter den europäischen Staaten herausfordern. Die Aussicht darauf trübt bereits jetzt das Verhältnis innerhalb der EU.

So will die EU ihre Mitgliedsstaaten zu Gaseinsparungen im Umfang von 15 Prozent zwischen August und März verpflichten. Zuerst auf freiwilliger Basis und falls das nicht hilft auf Befehl. Doch Spanien und Portugal widersetzen sich dem Vorschlag der EU-Kommission. Portugals Staatssekretär für Umwelt und Energie, João Galamba (46), betont, dass Portugal bereits heute kein Gas verschwende und nur aus absoluter Notwendigkeit verbrauche. Er hält den Vorschlag für «unhaltbar».

Russland hofft auf Aufweichung der Sanktionen

Der Streit innerhalb der EU spielt Putin in die Hände. Er hat mit dem Vorziehen der Revisionsarbeiten an Nord Stream 1 einmal mehr seine Gas-Muskeln spielen lassen. Während zehn Tagen floss kein Gas mehr durch die deutsch-russische Pipeline. Seit Donnerstagmorgen ist die Leitung nun wieder zu 40 Prozent ausgelastet. Doch das könnte ein erster Vorgeschmack darauf gewesen sein, was noch kommt. Solange Putin die Abhängigkeit von seinem Gas aufrecht erhalten kann, dürfte er weitere EU-Sanktionen verhindern können.

Im Kreml scheint man gar darauf zu hoffen, dass bestehende Sanktionen aufgeweicht werden könnten. Denn von den Sanktionen sind praktisch alle technischen Geräte und Maschinen betroffen, auf die Konzerne wie der Gas-Riese Gazprom angewiesen sind. Der Konzern musste eine Turbine für Nord Stream 1 in Kanada reparieren lassen. Die Sanktionen haben einen Rücktransport verhindert. Deutschland hat wegen seiner Abhängigkeit von russischem Gas aber schliesslich eine Ausnahme geduldet. Daran dürfte Putin nun anknüpfen wollen. Mit seinen Gas-Quellen als geopolitischer Waffe. (smt)


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