Der russischen Gaskonzerns Gazprom drosselt ab Mittwoch die Lieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 auf 20 Prozent der Kapazität. Der angebliche Grund für die neuerliche Verknappung: Eine weitere Turbine müsse in die Reparatur.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) dagegen sieht in der weiteren Drosselung russischer Gaslieferungen nach Europa eine Form von Moskaus «Terror» gegen den Westen. «Dies ist ein offener Gas-Krieg, den Russland entfacht gegen das vereinte Europa», sagte Selenski am Montag in seiner abendlichen Videobotschaft.
Erste Analysten in Russland warnen bereits, dass Europa ein harter Kältewinter bevorstehe. «Menschen werden wie bei Covid sterben», sagt Alexander Nosovich vom baltischen Nachrichtenportal «RuBaltik». Weil sie es sich nicht mehr leisten können, ihre Wohnungen warmzuhalten. Russland mache es Europa damit absichtlich schwer, sich auf den Winter vorzubereiten, sagt Selenski dazu. Moskau lasse Menschen nicht nur durch die Blockade ukrainischer Getreideausfuhren hungern. Die Gefahr drohe, dass Bevölkerungen im Winter «unter Armut und Kälte» leiden, so Selenski.
Heizen oder essen
Russland setze sein Gas als «geopolitische Waffe», sagt Selenski. Dem pflichtet der Analyst Nosovich im Gespräch mit dem russischen Propaganda-Portal «Ukraina.ru» bei. Die Europäer würden im Winter bestenfalls ganze Industrien schliessen müssen, sagt Nosovich, Politikwissenschaftler und Chefredakteur von «RuBaltik». Das werde insbesondere die Industriemacht Deutschland treffen. Wahrscheinlicher aber werde es zu einem «Bevölkerungsverlust» kommen, so der Analyst.
Vertreter von EU-Staaten haben sich nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA auf einen Notfallplan zur Senkung des Gaskonsums verständigt. Die Länder sollen demnach ihren nationalen Konsum freiwillig um 15 Prozent senken.
Der Plan soll am heutigen Dienstag bei einem Sondertreffen der Energieminister in Brüssel offiziell bestätigt werden. Er soll die Risiken reduzieren, die sich aus einer vollständigen Unterbrechung von Gaslieferungen aus Russland ergeben könnten.
Wie Diplomaten der DPA in der Nacht auf Dienstag bestätigten, sieht der Plan wie von der EU-Kommission vorgeschlagen vor, den nationalen Konsum im Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. März 2023 freiwillig um 15 Prozent zu senken. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei weitreichenden Versorgungsengpässen einen Unionsalarm auszulösen und verbindliche Einsparziele vorzugeben.
Vertreter von EU-Staaten haben sich nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA auf einen Notfallplan zur Senkung des Gaskonsums verständigt. Die Länder sollen demnach ihren nationalen Konsum freiwillig um 15 Prozent senken.
Der Plan soll am heutigen Dienstag bei einem Sondertreffen der Energieminister in Brüssel offiziell bestätigt werden. Er soll die Risiken reduzieren, die sich aus einer vollständigen Unterbrechung von Gaslieferungen aus Russland ergeben könnten.
Wie Diplomaten der DPA in der Nacht auf Dienstag bestätigten, sieht der Plan wie von der EU-Kommission vorgeschlagen vor, den nationalen Konsum im Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. März 2023 freiwillig um 15 Prozent zu senken. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei weitreichenden Versorgungsengpässen einen Unionsalarm auszulösen und verbindliche Einsparziele vorzugeben.
Nosovich sagt Europa den Verlust von Menschenleben wegen Kälte voraus. Weil die Europäer während der Heizperiode nicht in der Lage sein werden, Wohngebäude zu heizen. Das neue Phänomen nennt sich «Energie-Armut», wie das «NZZ Magazin» schon im Februar berichtete, bevor der Krieg in der Ukraine ausbrach. «Heat or eat». Heizen oder essen. Viele Menschen in Westeuropa sind im Winter bereits nicht mehr in der Lage, sich ständig Heizung und Essen zu leisten. Dies verschärft der drohende Gas-Krieg noch. Im kommenden Winter könne der Ausfall von Heizungen «europaweit zum Problem werden», sagt Analyst Nosovich. Und zu der gleichen Massensterblichkeit führen wie durch Covid.
Menschen würden es sich schlicht nicht mehr leisten können, ihre Wohnungen warmzuhalten. Die Sterblichkeit nehme zu. Menschen würden wegen der zu hohen Heizkosten an Lungenkrankheiten, Mangelernährung und Schwäche leiden – und selbst an einfachen Erkältungen sterben, so Nosovich. Er verweist auf die Berichte aus Grossbritannien, wo schon in den vergangenen Wintern übermässig viele Rentner starben, «weil sie sich eine gesundheitlich akzeptable Heizung in Wohnungen nicht leisten können. In dieser Heizperiode», sagt Nosovich voraus, «könnte dies in ganz Europa zu einem Problem werden und zu der gleichen Massensterblichkeit führen, die 2020 von Covid verursacht wurde». (kes)