Eine Verzweiflungsaktion?
Darum verschenkt die Migros ihr Kaffeesystem

Für drei Wochen laufen die Kaffeemaschinen der Migros praktisch zum Nulltarif. Das sind die Argumente des orangen Riesen.
Publiziert: 21.11.2023 um 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2024 um 11:31 Uhr
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Coffee B: Die Preise für das neuartige Kaffeesystem der Migros fallen stark und lang.
Foto: migros
Andreas Güntert
Handelszeitung

Rabatte zum Black Friday sind meist kurz getaktet, das Ablaufdatum liegt in der Regel wenige Tage nach dem initialen Preistaucher. Maximal dauert der Preis-Rausch in den meisten Fällen acht Tage, vom Beginn der Black-Friday Woche bis zum Cyber Monday, der dieses Jahr auf den 27. November fällt.

Im Fall des Migros-Kaffeeball-Systems Coffee B wird das Tiefpreisthema auf eine selten gesehene lange Frist ausgedehnt. Wie das Unternehmen heute auf seiner Website ankündigt, reisst es den Preis der Coffee-B-Kaffeemaschine von 149 auf 49 Franken herunter und lässt zusätzlich Kaffeebällchen im Wert von 50 Franken springen. Unterm Strich heisst das: Nulltarif. Und das mit langer Laufzeit: Die Green-Friday-Wochen von Coffee B in der Schweiz dauern drei Wochen, vom 20. November bis zum 11. Dezember.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Coffee B mit 22-tägiger Discount-Langstrecke

Branchen-Beobachter erstaunt der 22-tägige Discount-Marathon Marke Super-Lungo nach dem Migros-Motto «Jetzt zum Nulltarif kapselfrei werden». Dabei stellt sich die Frage, ob Coffee B mit einer solch unnatürlich langen Black-Friday-Rabattzeit sein System jetzt per preisliche Verzweiflungstat in den Markt drücken muss.

Im Oktober 2023 meldete sich Coffee-B-Chef Frank Wilde zwar mit einzelnen Erfolgsmeldungen zu Wort, doch er musste auch zugeben, dass man mit dem System der biologisch abbaubaren Kaffeebällchen in einem Wettlauf mit der Zeit steht. Wilde machte dazu einen Vergleich mit seinem früheren Arbeitgeber: «Nespresso brauchte ab Lancierung über zehn Jahre, um in die schwarzen Zahlen zu kommen. So viel Zeit hat heute leider niemand mehr. Wir müssen schneller erfolgreich sein als Nespresso.»

Schnell sein heisst auch: möglichst rasch viele neue Maschinen in den Markt bringen. Denn nur so gewinnt man Kunden, die dann auch die Coffee-B-Bällchen kaufen. Eine preisliche Verzweiflungstat für das System, das im September 2022 erstmals vorgestellt wurde, sei der ultralange Black Friday nicht, sagt Wilde: «Promotionspreise sind Teil der Verkaufsstrategie von Migros und werden gezielt während des Jahres eingesetzt.» Dass bei Coffee B die Rabattaktion über den Cyber-Monday hinaus dauere, sei «eine strategische Entscheidung und war von langer Hand so geplant, damit die Konsumentinnen und Konsumenten beim Weihnachtseinkauf davon profitieren können».

Eingebautes Ökologieproblem

Mit der Lancierung einer komplett abbaubaren «Kaffeekapsel ohne Kapsel» ist Coffee B zwar ein Coup gelungen. Beim Trommeln für die ökologischen Vorteile scheint aber immer auch ein Konsumproblem auf. Bevor Konsumentinnen und Konsumenten als Öko-Champions punkten können, müssen sie zunächst eine Maschine anschaffen, was sie sonst möglicherweise nicht getan hätten. Frank Wilde, Head of Coffee B bei der Migros-Industrietochter Delica, sagt: «In der Schweiz tauschen die Konsumentinnen und Konsumenten im Schnitt alle vier Jahre ihre Kaffeemaschine aus. Jährlich sind das über 300'000 Haushalte, welche eine neue Kaffeemaschine mit Einzelportionensystem anschaffen.»

Dieser naturgemässe Zyklus sollte dem innovativen System der Migros eigentlich in die Hände spielen. Trotzdem muss Coffee B offenbar mit einer faktischen Verschenkungsaktion auf sich aufmerksam machen, wohl auch, um so breitere Kreise zu erreichen. Wilde hält dagegen: «Wir zielen nach wie vor auf all jene ab, die ohnehin nach einer neuen Maschine suchen.»

Aber ohne lang anhaltenden Preishammer geht das offenbar nicht. Die Preis-History, wie sie die Migros-Tochter Galaxus auf ihrer Website nachzeichnet, zeigt jedenfalls klar auf: So billig wie jetzt waren die Coffee-B-Maschinen seit der Lancierung im September 2022 noch nie.

Schweizer profitieren stärker als Deutsche

Im Vergleich zu Deutschland, wo das Rabattangebot weniger attraktiv ausgestaltet und nur als «Green Week» ausgelobt wird, werden für einmal hiesige Konsumentinnen und Konsumenten stärker und über längere Frist angelockt.

Dazu sagt Wilde: «In Deutschland und Frankreich liegt die Preisgestaltung in der Hoheit der Detailhändler, entsprechend können wir uns hierzu nicht äussern. Wir gehen aber davon aus, dass auch dort Aktionen rund um Black Friday durchgeführt werden.»

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