«Der Espresso ist etwas dünnflüssig»
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Blick testet Kaffee-Kugeln:«Der Espresso ist etwas dünnflüssig»

Zubereitungsarten im Öko-Test – und wie die Migros-Bälle abschneiden
Welcher Kaffee ist am nachhaltigsten?

Der neue Coffee Ball der Migros lässt sich vollständig kompostieren. Doch Abfall spielt längst nicht die grösste Rolle, wenn es um den ökologischen Fussabdruck von Kaffeekonsum geht.
Publiziert: 07.09.2022 um 11:59 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2022 um 14:17 Uhr
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Die Schweiz gehört mit Norwegen, Deutschland, Österreich, Brasilien und Kanada zu den Ländern mit dem höchsten Kaffeekonsum.
Foto: Getty Images
Jonas Dreyfus

Die Schweiz ist ein Kaffeeland – rund 1000 Tassen pro Jahr trinkt eine Person gemäss Branchenverband Cafetiersuisse hier durchschnittlich pro Jahr. Es erstaunt also nur bedingt, dass eine der innovativsten neuen Ideen der Branche von einer Schweizer Firma, der Migros, entwickelt wurde: ein sogenannter Coffee Ball, der wie eine Kapsel funktioniert, aber ohne Verpackung auskommt.

Die Entwickler betonten, wie gut die Kugeln – sie sind von einer pflanzenbasierten Schutzschicht ummantelt – kompostierbar seien. Man könne sie einfach im Garten in ein Beet legen, in vier Wochen habe sich das Pulver zu Humus zersetzt.

Längst nicht jeder Kaffeeliebhaber verfügt über einen Garten oder einen Kompost, den er mitbenützen darf. Viele dieser Kugeln werden wohl im Abfall landen. Das wirft die Frage auf, wie nachhaltig Kaffeekonsum überhaupt sein kann.

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15 Prozent Verpackungsanteil bei Alukapseln

Verpackung sei ein wichtiger Aspekt, wenn es um den ökologischen Fussabdruck von Nahrungs- und Genussmitteln gehe, sagt Chemiker Chahan Yeretzian (62), Leiter des Coffee Excellence Centers der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), dem führenden Institut für Kaffeeforschung. Bei Kapseln aus Aluminium betrage der Anteil der Verpackung am Gesamtgewicht des Produkts 15 Prozent.

Die Kugeln von Migros hätten einen sehr viel kleineren Verpackungsanteil, sagt Yeretzian. Er hat das Kaffeesystem der Migros im Vorfeld ausprobiert. Dass es jemand geschafft habe, das Abfallproblem der Kaffeekapseln zu lösen, sei eine Sensation. «Doch wenn es um Nachhaltigkeit geht, spielen auch andere Kriterien eine Rolle.»

Die Effizienz des Kaffeeverbrauchs zum Beispiel. Das heisst: Je weniger Pulver ich benötige, um einen möglichst starken Kaffee zu machen, desto nachhaltiger. Und die Energiebilanz. Wie viel Strom brauche ich, um das Wasser zu erhitzen? Kapselsysteme schneiden gemäss Yeretzian bei beiden Kriterien gut ab, Siebträgermaschinen bei der Effizienz, nicht aber beim Stromverbrauch. «Weil sie rund zwanzig Minuten brauchen, bis sie warm sind, lässt man sie oft den ganzen Tag laufen. Zudem muss man fast Profi sein, um sie richtig bedienen zu können.»

Die Chemie des Kaffees

Professor Chahan Yeretzian (62) ist Forscher am Institut für Chemie und Biotechnologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und leitet das Coffee Excellence Center in Wädenswil ZH, führendes Institut für Kaffeeforschung. Der Berner mit armenischen Wurzeln hat in Bern, München (D) und Los Angeles (USA) studiert und danach zwölf Jahre für Nespresso gearbeitet. Er trinkt fünf bis sechs Kaffees pro Tag.

Frank Schwarzbach

Professor Chahan Yeretzian (62) ist Forscher am Institut für Chemie und Biotechnologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und leitet das Coffee Excellence Center in Wädenswil ZH, führendes Institut für Kaffeeforschung. Der Berner mit armenischen Wurzeln hat in Bern, München (D) und Los Angeles (USA) studiert und danach zwölf Jahre für Nespresso gearbeitet. Er trinkt fünf bis sechs Kaffees pro Tag.

Der Filterkaffee, der stundenlang warm gehalten wird

Ineffizienter bei der Extraktion des Kaffees sind gemäss Yeretzian Vollautomaten. Unter anderem, weil der Kaffee gröber gemahlen werden müsse, damit die Maschine nicht verstopfe. «Das heisst, dass man mehr Pulver pro Tasse verwenden muss. Dafür ist ihre Energiebilanz gut, weil die Geräte meistens über einen Standby-Modus verfügen.»

Und beim Filterkaffee? Bei dieser Zubereitungsart erhalte man zwar sehr viel Flüssigkeit für relativ wenig Pulver, doch die Brühe sei stark verdünnt, weil das System ohne Druck funktioniere. Das sei eine ganz andere Zubereitungsart, sagt Yeretzian. Genauso wie beim Kaffee aus den italienischen Bialetti-Maschinen, die man auf die Herdplatte stellt. Mit einem Espresso lasse sich das nicht vergleichen. Zudem brauchen beide Systeme viel Energie. «Filterkaffee wird oft stundenlang warm gehalten, grosse Reste landen im Abfluss.»

In Anbetracht dieser Aspekte sei ein Kapselsystem mit möglichst wenig Abfall für den Normalverbraucher wohl am nachhaltigsten, sagt Yeretzian. Doch den grössten Einfluss auf die Nachhaltigkeit von Kaffee hätten gar nicht die Systeme, sondern der Anbau und die Verarbeitung in den Herstellungsländern, die sehr viel Wasser, Dünger und Pestizide benötigt. «Daran kann auch ein Biozertifikat nichts ändern.»

Der Anbau von Kaffee, sein Transport und seine Zubereitung sind gemäss pessimistischen Schätzungen für zehn Prozent der gesamten Umweltbelastung durch Ernährung verantwortlich. Am umweltfreundlichsten wäre es folglich, keinen Kaffee zu trinken. Doch das ist auch keine Lösung.


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