Kampf der Kaffeekapseln
So gut läuft die «Migros-Revolution» Coffee B tatsächlich

Der Chef der Migros-Kaffeebällchen nennt erste Erfolgszahlen. Bis zum Durchbruch ist der Weg noch weit.
Publiziert: 06.10.2023 um 09:23 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2024 um 09:28 Uhr
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Frank Wilde, Chef von Coffee B, hofft auf steigende Verkaufszahlen der Kaffeemaschinen an Black Friday und Weihnachten.
Foto: Bild: zvg
Andreas Güntert
Handelszeitung

Es ist ruhig geworden um Coffee B. Wie ist das im September 2022 lancierte Migros-Konzept einer «Kapsel ohne Kapsel», die vollständig abbaubar ist, aktuell unterwegs?

Zuletzt machte die «grösste Produktinnovation der Migros» vor allem durch hohe Preisnachlässe bei den Maschinen von sich reden. Eine absolut übliche Massnahme, wie der abtretende Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen im Frühling 2023 zur «Handelszeitung» sagte, die Rabatte seien «zeitlich begrenzt und nicht improvisiert, sondern von langer Hand geplant.» Schon damals war klar, dass Coffee B eher ein Marketingmarathon als ein Sprint sein würde, sagte Zumbrunnen: «Der Erfolg mit Coffee B kommt nicht kurzfristig, wir arbeiten hier mit einem Vierjahresplan.» Aber das dürfte zu kurz gegriffen sein.

Coffee-B-Maschinen: Schweizer Marktanteil in den letzten zwölf Monaten bei elf Prozent

So clever das Migros-System mit der biologisch abbaubaren Kapsel auch ist – ein Problem ist darin eingebaut: Kundinnen und Kunden müssen zuerst eine neue Maschine kaufen, um ihren Bällchen-Kaffee trinken zu können. Was einem nachhaltigen Umgang mit Haushaltsressourcen eigentlich widerspricht.

Frank Wilde, ehemaliger Marketing-Direktor bei Nespresso Schweiz und nun Head of Coffee B bei der Migros-Industrietochter Delica, kennt diesen Widerspruch. Er wird vor allem dann zum Zug kommen, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten eine alte Kaffeemaschine ersetzen. Das sei bisher gut gelungen, sagt Wilde: «In den letzten zwölf Monaten kam Coffee B auf einen Marktanteil von elf Prozent aller in der Schweiz verkauften Kaffeemaschinen. Mehr als jede zehnte aller neu verkauften Kaffeemaschinen in der Schweiz war also eine von Coffee B. Das übertrifft unsere Erwartungen.»

Die Kaffeemaschine – den genauen Herstellungsort in China will oder darf Wilde weiterhin nicht nennen, sei in einer ständigen Weiterentwicklung: «Aktuell arbeiten wir schon mit der vierten Generation der Coffee-B-Maschine.»

Seit der Lancierung im September 2022 seien in der Schweiz und im Ausland 200’000 Coffee-B-Maschinen verkauft worden.

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Hoffen auf Black Friday und Weihnachten

Für das vierte Quartal 2023 rechnet Wilde mit ansteigenden Verkaufszahlen: «Mai bis August ist in der Regel die schwierigste Zeit. Die meisten Kaffeemaschinen werden im vierten Quartal verkauft, in der Zeit um Black Friday und Weihnachten herum. Da erhoffen wir uns viel.»

Die grosse Frage bei Coffee B ist natürlich, wie viel Zeit die Migros ihrem revolutionären System gibt. Wilde macht einen Vergleich mit seinem früheren Arbeitgeber. «Nespresso brauchte ab Lancierung über zehn Jahre, um in die schwarzen Zahlen zu kommen. So viel Zeit hat heute leider niemand mehr. Wir werden müssen schneller erfolgreich sein als Nespresso.»

Gegenüber der global verbreiteten Kapsel von Nestlé habe man aber einen Vorteil, sagt Wilde: «Die Migros hat mit ihren über 650 Supermärkten eine ganz andere Vertriebs-Power als Nespresso damals.»

Zwei wichtige interne Faktoren allerdings haben sich geändert seit der Coffee-B-Lancierung im September. Mit dem Abgang von Migros-Konzernchef Fabrice Zumbrunnen verliess ein grosser Kaffeeball-Fürsprecher das Unternehmen. Per Frühling 2024 tritt zudem der bisherige Migros-Industriechef ab. Hat die aktuelle und künftige Führungsriege, derzeit stark beschäftigt mit der Reorganisation der Supermarkt-Sparte, jenen langen Schnauf, den es braucht für Coffee B? Die Migros-Chefs, glaubt Wilde, «verstehen die strategische Wichtigkeit von Coffee B absolut.» Aber eben: «Es braucht Zeit.» Wie viel Zeit genau? Das mag und will Wilde nicht sagen.

Auslizenzierung in Asien ein Thema

Aktuell sind die Coffee-B-Maschinen und Kapseln in der Schweiz, in Deutschland und Frankreich erhältlich. Diese Länder stünden weiterhin im Fokus, hier muss der Erfolg greifbar werden. Danach würden weitere Länder in Europa folgen.

Neben dem Verkauf von Kaffeemaschinen und Kaffeebällchen, das betonte die Migros von Beginn weg, gibt es auch eine zweite Möglichkeit, das langjährige Investment in Coffee B zu monetarisieren: Per Auslizenzierung der Technologie. In diesem Falle würde also anderen Herstellern die Technologie per Lizenz verkauft.

Ein Geschäftsmodell, sagt Wilde, das eher für Fernmärkte interessant werde. Der Coffee-B-Chef nennt Fernost als Möglichkeit. «In Asien ist die Migros nicht präsent. Wenn wir dort einen Fuss in den Markt bekommen wollen, dann werden wir dort die Coffee-B-Technologie auslizenzieren müssen.»

Keine Angst vor der Nespresso-Papierkapsel

Dass Widersacher Nespresso jüngst selber eine Kapsel auf Papierbasis lancierte, die vollständig abbaubar sein soll, macht dem Chef von Coffee B keine Angst «Biologisch abbaubare Papierkapseln sind ein Schritt in die richtige Richtung», aber sie seien keine endgültige Lösung für das Abfallproblem der Kapselsysteme. Wilde ist überzeugt: «Unsere Coffee-Balls sind bis anhin die einzigen ‹Kapseln›, die sowohl in der Grünabfuhr als auch direkt im Garten entsorgt werden können.»

Dass Wilde selber überzeugt ist, ist das eine. Das andere: Er muss die Kundinnen und Kunden überzeugen, eine Coffee-B-Maschine anzuschaffen.

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