Auf einen Blick
- Trump und Harris versprechen Steuersenkungen trotz hoher Staatsverschuldung
- Trumps Pläne könnten die Schulden um bis zu 15 Billionen Dollar erhöhen
- Die USA geben mehr Geld für Schuldzinsen als für die Verteidigung aus
- Ökonomin Katja Gisler: Demokraten hatten seit dem Zweiten Weltkrieg höheres Wirtschaftswachstum
Kurz vor der US-Präsidentenwahl umwerben Donald Trump (78) und Kamala Harris (60) die letzten Unentschlossenen mit vollmundigen Versprechungen. Im Fokus stehen dabei vor allem Steuersenkungen. Sie sollen den Amerikanerinnen und Amerikanern, die unter den stark gestiegenen Preisen leiden, endlich wieder ein bisschen Luft verschaffen.
Doch diese Pläne kommen mit einem heftigen Preisschild. Eine ausgabenkritische US-Denkfabrik berechnete, dass die Steuer- und Ausgabenpläne von Trump und Harris die Staatsverschuldung in den nächsten zehn Jahren massiv in die Höhe treiben würden.
Bis zu 15 Billionen Dollar zusätzlich
Im wahrscheinlichsten Szenario steigt die US-Staatsverschuldung bei der Umsetzung aller Pläne der Demokratin Harris bis 2035 um zusätzliche 3,5 Billionen Dollar. Wird der Republikaner Trump erneut Präsident und löst seine Versprechungen ein, dann dürfte dies sogar zusätzliche 7,5 Billionen Dollar kosten, schätzt das Komitee für einen verantwortungsvollen Bundeshaushalt (CRFB).
Im besten Fall könnte Harris null zusätzliche Schulden verursachen, während die maximale Schätzung bei 8,1 Billionen Dollar liegt. Trumps Steuergeschenke könnten die Schulden im besten Fall «nur» um 1,45 Billionen Dollar erhöhen, im schlimmsten Fall aber um 15,15 Billionen Dollar.
Dass die Berechnungen so weit auseinandergehen, überrascht Ökonomin Katja Gisler (39) nicht. «Konkrete Defizitprognosen sind sehr schwierig zu stellen», sagt die Vizechefin beim Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners. Offensichtlich ist hingegen, dass die Wahlprogramme bei einer Umsetzung sehr viel Geld kosten würden.
Trump setzt auf Zölle
So verspricht Trump Mega-Steuersenkungen für fast alle Amerikaner und will diese über höhere Einfuhrzölle finanzieren. Unter anderem will der Ex-Präsident bei einer Rückkehr ins Weisse Haus Einfuhren aus allen Ländern, die den Dollar als Handelswährung aufgeben, mit einem Zoll von 100 Prozent belegen.
Harris setzt ebenfalls auf wirtschaftlichen Populismus. Aber sie geht gezielter vor und will vor allem ärmere Menschen und Familien entlasten. So will die Kandidatin der Demokraten die Steuersenkungen der ersten Amtszeit von Donald Trump nur für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von weniger als 400'000 Dollar verlängern. Gleichzeitig soll die Unternehmenssteuer von 21 Prozent auf 28 Prozent steigen.
USA profitiert vom Status des Dollars
Doch ist die US-Staatsverschuldung überhaupt ein Problem? Schliesslich liegt diese schon heute bei über 35 Billionen Dollar und rund 125 Prozent der Wirtschaftsleistung. «Tatsächlich läuft die amerikanische Wirtschaft aktuell trotz der Verschuldung sehr gut», bestätigt Gisler. Entscheidend sei die Glaubwürdigkeit, dass die USA ihre Schulden bedienen würden.
Und hier hat das Land einen grossen Vorteil: Weil der Dollar die Leitwährung der Welt ist, können die USA ihre Schulden mit eigenem Geld bezahlen, das die Notenbank Fed unbegrenzt drucken kann. Die Frage ist aber, wie lange andere Länder, etwa Japan, China oder Deutschland, die amerikanischen Schulden finanzieren wollen.
Ausserdem kostet die Bezahlung der Schuldzinsen viel Geld: Schon jetzt gebe man dafür mehr aus als für die Verteidigung oder die Gesundheitsversorgung älterer Amerikaner, schreibt die Denkfabrik CRFB.
Demokraten hatten höheres Wachstum
«Es ist gefährlich, wenn man die Wirtschaft immer über eine höhere Verschuldung antreiben will», sagt Gisler. Vor allem auch, weil kostspielige Wirtschaftsprogramme die Inflation anheizen, was sich weltweit nach der Pandemie zeigte.
Zwar setzen die meisten Anleger an der Börse auf Trump, vor allem weil sie sich vom Republikaner tiefere Steuern erhoffen als von der linken Demokratin Harris. Doch dass Trump die Wirtschaft wirklich besser im Griff hätte, ist laut Gisler nicht nur wegen der möglicherweise höheren Verschuldung zweifelhaft.
Dabei hilft auch der Blick in die Vergangenheit: «Seit dem Zweiten Weltkrieg hatten Regierungen der Demokraten im Durchschnitt ein Wachstum von 3,7 Prozent im Jahr. War ein Republikaner an der Macht, betrug das Wachstum nur 2,7 Prozent», so Gisler.