Bella Italia! So nah. So schön. So teuer.
Der Tourismus am «Stiefel» scheint ausser Rand und Band. Ein Opfer des eigenen Erfolgs. Weil die Nachfrage nach den mauen Corona-Jahren sehr hoch war, wurden die Preise vielerorts hochgeschraubt. Oder knallharte Regeln eingeführt.
Laut dem italienischen Konsumentenschützerportal Codacons stiegen die Durchschnittspreise in diesem Sommer gegenüber dem Vorjahr bei den Hotels um fast 14 Prozent, mit Ausreissern nach oben. Hotels in Florenz schlugen gleich um durchschnittlich 53 Prozent auf, jene in Mailand um fast 28 Prozent. Internationale Flüge kosteten fast 37 Prozent mehr. Campingplätze packten rund 20 Prozent auf die Preise.
Am schlimmsten jedoch war es am Strand. In Italien sind viele Strände nicht gratis, sondern es muss für einen fixen Platz mit zwei Sonnenstühlen und einem Sonnenschirm eine Gebühr bezahlt werden. Im Schnitt waren es für eine Familie 110 Euro! Auch hier mit Ausreissern nach oben, wo dann gut und gerne mal 1000 Euro pro Tag anfielen. Der «Le Cinque Vele Beach Club» in Marina di Pescoluse bei Lecce zum Beispiel verlangte im August für einen Pavillon mit vier Liegestühlen und einem Tisch 1010 Euro – pro Tag. Touristen wurde überdies mit absurden Rechnungen das Geld aus der Tasche gezogen. CNN berichtet etwa von einem Paar, das für das Schneiden eines Sandwiches am Comersee 2 Euro zahlen musste. Oder von einem Paar, das in Porto Cervo auf Sardinien für zwei Kaffee und zwei Wasser 60 Euro berappen musste.
Die Italiener flüchten
Damit dürften sich viele Ferienorte auf lange Sicht verzockt haben. Einige der bekanntesten italienischen Ferienorte verzeichneten im Juli einen Rückgang der Übernachtungen um bis zu 20 Prozent. Es fehlten aber nicht die internationalen Gäste, sondern die einheimischen.
Kroatien, Montenegro und insbesondere das noch sehr günstige Albanien verzeichneten einen riesigen Zulauf von italienischen Touristen. Die grosse Frage, die man sich in Italien nun selber stellt: Wie weiter? Kehren Touristen nach der Abzocke zurück?
Kroatien kriegt gerade noch die Kurve
Auch Kroatien stellte sich diese Frage und hat bereits reagiert. Infolge der Umstellung auf den Euro per 1. Januar 2023 wollten viele Hotels und insbesondere private Anbieter den grossen Reibach machen. «Viele Wohnungen auf Airbnb erhöhten die Preise zum Sommer hin massiv», weiss Marco Wipfli vom Zürcher Reiseveranstalter Meersicht. Als im Mai deutlich wurde, dass die Hochsaison noch sehr schwach gebucht war, korrigierten viele ihre Preise nach unten. «Dubrovnik kann sich massive Erhöhungen wegen der immensen Nachfrage leisten, weniger bekannte Regionen in Kroatien aber kaum», so Wipfli.
Das Preisniveau sei für Schweizer aber immer noch völlig okay, schliesst Wipfli. Mehr Aufschrei ob der höheren Preise in Kroatien gab es aus Deutschland und Österreich. Deren Bevölkerungen leiden selbst deutlich unter der Inflation. Im Gegensatz zur Schweiz, wo diese vergleichsweise moderat ausfällt.
Preisgestaltung wird entscheidend sein
Es bleibt die Erkenntnis, dass in diesem Jahr viel für Ferien ausgegeben wurde. Die hohen Preise wurden meist in Kauf genommen. Wie viel die im eigenen Land von Inflation geplagten Touristen im nächsten Jahr auszugeben bereit sind, ist aber noch völlig unklar. Aufstrebende Ziele mit einem noch vernünftigen Preis-/Leistungsverhältnis – wie eben Albanien – dürften profitieren.
«Ich glaube nicht an eine radikale Änderung der Gästeströme», sagte zwar Martin Nydegger (52), CEO von Schweiz Tourismus, heute vor versammelten Medien. Die Schweiz habe in diesem Jahr auch noch nicht wegen der Frankenstärke gelitten. Es besteht aber die Sorge, dass die Schweizer wieder verstärkt ihre Ferien in den Mittelmeerzielen verbringen. Wenn es dort weiterhin so teuer ist, dürften sich doch etliche wieder für Ferien in der Nähe entscheiden.