Chefin und Tochter gekündigt – Massenentlassung droht in Flurlingen ZH
Deutsche Besitzer der Schweizer Qmedics räumen auf

Beim Schweizer Medizinaltechnik-Hersteller Qmedics bleibt wenige Monate nach der Übernahme durch die deutsche Bentley Innomed kein Stein auf dem anderen. Auf die Vorwürfe aus dem Kreis der Angestellten nimmt der neue Besitzer Stellung.
Publiziert: 11.11.2023 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2023 um 07:52 Uhr
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Bei der Qmedics in Flurling ZH kommt es zum Stellenabbau.
Foto: Intershop Holding AG
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Starker Tobak für die Angestellten des Schweizer Medizinaltechnik-Herstellers Qmedics in Flurlingen ZH. Eine Mitarbeiterin – sie will nicht namentlich genannt werden – wendet sich stellvertretend für ihre Kollegen an Blick: «Wir wurden am Dienstag überraschend in eine Vollversammlung berufen. Dort erklärte ein neuer CEO, dass unsere bisherige Chefin abgesetzt sei, eine Abteilung stillgelegt werde und ein grosser Personalabbau geplant sei.» Damit nicht genug: Zudem soll das Unternehmen einen neuen Namen erhalten.

Ein Schock für die Belegschaft, die Verunsicherung ist gross. Qmedics, gegründet 2008, wurde im Juli 2023 von der Bentley Innomed aus dem deutschen Hechingen übernommen. «Man hat uns versprochen, dass sich unter den neuen Besitzern nichts ändert», klagt die Mitarbeiterin. «Wenige Monate später steht alles Kopf.»

Der neue Eigentümer räumt auf

Darauf angesprochen, bestätigt ein Sprecher von Bentley Innomed: Der bisherigen Qmedics-Chefin Anita Patteet und deren Tochter Liesbeth Rebsamen – die als CEO-Assistentin arbeitete – sei gekündigt worden. Zu den Gründen äusserte er sich nicht. Als neuer CEO amtet nun der Schweizer Armin Kiser (55). Er kommt von der Translumina, einem Hersteller von Kathetern und Stents mit Sitz – aufgepasst! – in Hechingen.

Kiser soll die «notwendige Transformation durchführen sowie das geplante Wachstum im Bereich Katheter vorantreiben». Laut dem Qmedics-Sprecher hat das Unternehmen zuletzt «nicht kostendeckend» gearbeitet.

Hier braucht es Kontext: Qmedics stellt 80 Prozent aller Ballonkatheter her, die in Verbindung mit den gecoverten Stents von Bentley zum Einsatz kommen. Bentley ist seinerseits für etwa 70 Prozent des Umsatzes der Schweizer Firma verantwortlich.

Die stillgelegte Abteilung von Qmedics stellt Stents her. Diese Produktgruppe dürfe Qmedics «aus Wettbewerbsgründen» nicht weiter produzieren. Deshalb sei eine «Anpassung der Kapazitäten» nötig. In diesem Bereich werden die restlichen 30 Prozent der Umsatzerlöse erzielt. Der Jobabbau dürfte laut dem Sprecher in einem ähnlichen prozentualen Rahmen erfolgen.

Bei rund 100 Qmedics-Mitarbeitenden wären also rund 30 Stellen betroffen. Die Mitarbeiterin spricht von 50 Jobs, die wegfallen könnten. In beiden Fällen handelt es sich dann um eine Massenentlassung. In zwei Wochen will das Unternehmen für Klarheit sorgen.

Festhalten wollen die deutschen Besitzer am Umzug der Produktion von Flurlingen nach Frauenfeld TG. Denn es sei geplant, so der Sprecher, «die Produktion einer Komponente eines neuen Bentley-Produkts vom Fertigungsstandort Hechingen an den neuen Produktionsstandort Frauenfeld zu verlagern.» Bis spätestens der zweiten Jahreshälfte 2024 soll der Umzug abgeschlossen sein. Eine Verlagerung nach Deutschland, wie von Angestellten befürchtet, steht laut Bentley nicht im Raum.

Allerdings müssen sich die Angestellten an den neuen Namen «Bentley Schweiz AG» gewöhnen. Immerhin: Es gebe aber Überlegungen, so der Sprecher, «dass vom Kapazitätsabbau betroffene Mitarbeiter als freiwillige Leistung von Bentley eine Zahlung – bemessen ab Juli 2023 bis zum Ausscheidezeitpunkt – erhalten sollen.»

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