«Könnten Dinge tun, die sehr schlecht für Russland sind»
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Donald Trump zum Ukraine-Krieg:«Könnten Dinge tun, die sehr schlecht für Russland sind»

Chef der Schweiz-USA-Handelskammer über Handelskrieg, KI-Chips und Aufregung in Bundesbern
«Die meisten Menschen haben keine Ahnung, was Trump macht»

Die Angst vor Donald Trump wächst. Auch in der Schweiz. Eine angebliche «schwarze Liste» sorgte in Bundesbern für mächtig Wirbel. Blick hat mit Rahul Sahgal, Direktor der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, über den neuen US-Präsidenten gesprochen.
Publiziert: 11:51 Uhr
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Aktualisiert: 12:37 Uhr
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Mächtig Wirbel in nur zwei Monaten: Donald Trump sorgt auch in der Schweiz für Aufregung.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Sahgal ist sich sicher: Trump will die grosse Aufregung, will jetzt die «unpopulären» Dinge anpacken
  • Schweiz steht bei Trump-Administration gut da, nicht in direkter Schusslinie
  • Schweiz importiert pro Kopf elfmal mehr aus den USA als umgekehrt
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Blick: Aktuell gibt es in der Welt und nun auch in der Schweiz ganz viel Aufregung wegen Donald Trump. Wie besorgt sind Sie?
Rahul Sahgal:
Donald Trump beabsichtigt diese Aufregung. Der US-Präsident ist nicht planlos – auch wenn es manchmal den Anschein macht. Er ist aktuell auf dem Höchststand seiner Macht. Trump hat alle Institutionen auf seiner Seite: den Senat, das Repräsentantenhaus, den Obersten Gerichtshof, ja sogar Elon Musk als Unterstützer. Wenn er jetzt die unpopulären Dinge tut, dann hat er sie in einem Jahr hinter sich gebracht. Dann kann Trump 2026 angenehme Dinge umsetzen und für die Republikaner den Weg ebnen, die Halbzeitwahlen im November 2026 zu gewinnen. 

Eines dieser unpopulären Dinge ist der Handelskrieg – der könnte die Schweiz direkt betreffen. Die USA haben uns laut Seco-Direktorin Helene Budliger Artieda (60) auf eine Liste von Ländern mit «unfairen Handelsmethoden» gesetzt. Eine schwarze Liste. Da schrillen bei Ihnen alle Alarmglocken, oder?
Es ist keine schwarze Liste, das ist ein völlig falscher Begriff. Es gibt keine neue Liste in diesem Sinne. Die Schweiz gehört zu den 20 grössten Handelspartnern der USA und steht an 14. Stelle, wenn es um das Warenhandelsdefizit geht. Nicht mehr, nicht weniger.

Ob schwarze Liste, Liste – oder gar keine Liste. Fakt ist: Schweizer Politiker sind besorgt – von links bis rechts. Wie beruhigen Sie sie?
Unsere Handelsbilanz ist keineswegs unfair. Das müssen wir den Amerikanern erklären – wir haben die Argumente dazu: Die Schweiz erhebt keine Zölle auf Industriegüter. Null Prozent! Es sind die USA, die Schweizer Produkte im Schnitt mit 2,2 Prozent Zöllen belegen. Zudem importieren wir pro Kopf elfmal mehr aus den USA als umgekehrt.

Dass die Trump-Administration die Schweiz in diesem Zusammenhang überhaupt erwähnt, hat im Bundeshaus trotzdem für Aufruhr gesorgt. Reagieren wir zu hysterisch auf Trump?
Ja, absolut. Und diese Hysterie wegen Trump ist nicht angebracht. Die meisten Menschen haben keine Ahnung, was er eigentlich macht oder welche Strategie dahintersteckt. Stattdessen herrscht ein reflexhaftes Bild: Trump ist der Böse, also muss alles, was er tut, automatisch schlecht sein.

Ist Trump denn schlecht für die Schweiz?
Die Schweiz steht bei der Trump-Administration insgesamt gut da. Der Präsident und seine Leute schätzen uns als freies Land mit einem ähnlichen politischen System wie die USA. Dass wir nicht in der EU sind, kommt uns zugute. Ich glaube deshalb nicht, dass wir in der direkten Schusslinie von Trump stehen. Ein Kollateralschaden ist immer möglich – zum Beispiel, wenn er Strafzölle gegen die EU erhebt. Aber gezielte Aktionen gegen uns? Ich denke, das wird Trump nicht tun.

In liberalen Kreisen lebt die Idee eines Freihandelsabkommens mit den USA weiter. Innenpolitisch ist das – sowohl in der Schweiz wegen der Landwirtschaft wie in Amerika wegen Trumps «America First»-Politik – doch chancenlos, oder?
Ein umfassendes Freihandelsabkommen ist unrealistisch. Wahrscheinlicher sind kleinere, sektorspezifische Abkommen oder Vereinbarungen über wirtschaftliche Zusammenarbeit. Etwa in der Forschung oder der Berufsbildung. Aber es eilt nicht: 99 Prozent der US-Waren, die in die Schweiz kommen, unterliegen bereits keinem Zoll. Warum sollte Washington also ein Abkommen mit der Schweiz verhandeln, wenn der wirtschaftliche Vorteil gering ist?

Trump liebt Symbolik.
Ja, der einzige Grund wäre politisch: Es wäre ein Signal, dass die USA zu bilateralen Handelsabkommen bereit sind.

Ein weiteres Thema in der Schweiz sind die US-Exportbeschränkungen für moderne Halbleiter: Anders als Länder wie Deutschland oder Frankreich soll die Schweiz maximal 50’000 KI-Chips pro Jahr kriegen. Das hat Joe Biden im Januar entscheiden. Fix ist es noch nicht. Wie schlimm wäre das?
Das würde die Schweiz stark treffen. Wir sind der grösste Standort für amerikanische KI-Firmen in Europa. Und wir haben viele eigene KI-Unternehmen – ein absoluter Zukunftssektor der Schweiz. Wenn die USA ihre Chip-Exporte einschränken, könnte das für uns wirklich problematisch werden. Die Frage ist jetzt: Was macht Trump? 

Sie weibeln aktuell in Washington für die Schweiz und kämpfen gegen die KI-Chips-Beschränkungen. Was ist Ihr Gefühl?
Es gibt unterschiedliche Meinungen in der Trump-Administration. Die einen wollen nicht riskieren, dass ihre Partner stattdessen chinesische KI-Chips kaufen – sie wollen uns also von den Beschränkungen befreien. Die anderen sind der Meinung, dass nationale Sicherheit Vorrang habe. Es ist aber immer noch nicht transparent, wie wir überhaupt in der zweiten Kategorie gelandet sind. Ich hoffe, das wird bald klar. Und ich hoffe, Trump entscheidet pro Schweiz.

Zur Person

Rahul Sahgal ist CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer (Acham) und Experte für transatlantische Wirtschaftsbeziehungen. Er promovierte an der Universität St. Gallen und begann seine Karriere in der Strategieberatung bei Deloitte. Anschliessend wurde er vom Schweizer Maschinenhersteller Rieter als Berater für die Indien-Expansion geholt, bevor er die indische Landesgesellschaft des Rieter-Spin-offs Autoneum leitete. Später arbeitete Sahgal unter anderem vier Jahre als Diplomat für die Schweizer Botschaft in Washington. In seiner aktuellen Rolle analysiert er die Auswirkungen der US-Handelspolitik auf die Schweizer Wirtschaft, setzt sich für faire Rahmenbedingungen ein und pflegt enge Kontakte zu Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik. Sahgal ist Vater von zwei Töchtern.

Philippe Rossier

Rahul Sahgal ist CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer (Acham) und Experte für transatlantische Wirtschaftsbeziehungen. Er promovierte an der Universität St. Gallen und begann seine Karriere in der Strategieberatung bei Deloitte. Anschliessend wurde er vom Schweizer Maschinenhersteller Rieter als Berater für die Indien-Expansion geholt, bevor er die indische Landesgesellschaft des Rieter-Spin-offs Autoneum leitete. Später arbeitete Sahgal unter anderem vier Jahre als Diplomat für die Schweizer Botschaft in Washington. In seiner aktuellen Rolle analysiert er die Auswirkungen der US-Handelspolitik auf die Schweizer Wirtschaft, setzt sich für faire Rahmenbedingungen ein und pflegt enge Kontakte zu Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik. Sahgal ist Vater von zwei Töchtern.

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