Darum gehts
- USA setzt Schweiz auf Liste mit unfairen Handelsmethoden. Strafzölle drohen
- Schweizer Politiker fordern Deal mit Donald Trump
- Schweiz erhält maximal 50'000 KI-Chips pro Jahr aus den USA
Donald Trump (78) gibt den Tarif durch – auch gegen die Schweiz. Die USA haben uns auf eine Liste von Ländern mit «unfairen Handelsmethoden» gesetzt. HSG-Ökonom Reto Föllmi (50) warnt im Blick: «Man muss diese Liste und die damit verbundene Warnung sehr ernst nehmen.» Diese Einstufung könnte zu Strafzöllen führen, die die Wettbewerbsfähigkeit und Gewinne der Schweizer Exporteure beeinträchtigen würden. Für Föllmi ist klar: Die Schweiz muss von dieser schwarzen Liste wegkommen – so schnell wie möglich.
Es ist nicht die einzige Baustelle in den Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz. Auch die Exportbeschränkungen für KI-Chips geben zu reden, die noch von der Regierung Joe Bidens (82) erlassen wurden. Washington erschwert Schweizer Firmen den Zugang zu modernsten Halbleitern. Anders als Länder wie Deutschland oder Frankreich kriegt die Schweiz maximal 50'000 KI-Chips pro Jahr. Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) und sogar Microsoft-Präsident Brad Smith (66) kritisierten den Entscheid.
SVP-Büchel appelliert an Trump
Blick hat sich in Bern umgehört. Neben den Bundesratswahlen vom morgigen Mittwoch sorgt Donald Trump und dessen schwarze Liste unter der Bundeshauskuppel für Gesprächsstoff. Mitte-Politikerin Elisabeth Schneider-Schneiter (61) sagt zu Blick: «Die Schweiz hat ebenfalls Trümpfe in der Hand. Kein anderer Investor in den USA investiert so viel in Forschung und Entwicklung pro Arbeitsplatz wie Schweizer Unternehmen.» Doch die Zusammenarbeit mit den USA sei wegen Trump unberechenbar geworden. Deshalb fordert Schneider-Schneiter: «Ein Handelsabkommen wie etwa jenes mit Indien oder Thailand und vor allem auch die Stabilisierung der Zusammenarbeit mit der EU sind für Schweizer Firmen wichtiger denn je.»
SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (59) mahnt zur Gelassenheit: «Auch diese Suppe wird nicht so heiss gegessen, wie sie Präsident Trump und sein Handelsdelegierter gekocht haben. Bleiben wir bei unserem bewährten Ansatz in der Aussenpolitik: Cool bleiben – und nicht in Schnappatmung geraten.» Nun müsse die Schweiz den Amerikanern einmal mehr erklären, dass es unserem Land gut gehe, weil es föderalistisch aufgebaut sei. «Die Menschen hier sind gut ausgebildet, fleissig und noch einigermassen frei. Das sind keine unfairen Handelsmethoden, Herr Trump!»
Kritik an US-Liste
In Sachen Gelassenheit sind sich die SVP und SP für einmal einig. Die aktuelle Situation erfordere eine sorgfältige und besonnene Reaktion der Schweiz, sagt SP-Nationalrätin Farah Rumy (33) zu Blick. «Die Schweiz muss ihre Position mit den Nachbarländern fair abstimmen und sicherstellen, dass sie aus dieser neuen wirtschaftlichen Dynamik keine Nachteile erfährt. Gerade in unsicheren Zeiten ist es wichtig, dass wir unsere internationalen Partnerschaften stärken.» Der wichtigste Handelspartner bleibe Europa – und eine enge Zusammenarbeit mit der EU ist für Rumy essenziell, um wirtschaftliche Stabilität und Wohlstand zu sichern.
FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (62) kritisiert die US-Liste gegenüber Blick: «Die Kriterien, dass man auf diese Prüfliste kommt, sind sehr rudimentär und auslegungsbedürftig.» Er habe vergangene Woche eine US-Delegation im Bundeshaus empfangen und die Thematik der wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder vertieft. «Die Schweiz muss nun aufzeigen, dass unsere Handelsbilanz mit den USA nicht einseitig betrachtet werden darf. Und dass auch der Austausch von Servicedienstleistungen, wovon die USA übermässig profitieren, miteinbezogen werden muss.»
FDP und Avenir Suisse drängen auf Deal mit Trump
Immerhin: Portmann lässt durchblicken, dass die amerikanische Delegation positive Signale gesendet hatte. Dass die Schweiz über ein umfassendes oder sektorales Wirtschafts- oder Handelsabkommen verhandeln wolle, sei von der Trump Administration gut aufgenommen worden. Portmann: «Wichtig als Signal nach Washington wird auch sein, dass in der Juni-Session der Nationalrat die FDP-Motion überweist, welche vom Bundesrat verlangt, nun in exploratorische Gespräche mit den USA einzutreten.»
Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse sieht es ähnlich: «Wir sollten ‹gutes Fernsehen› im Scheinwerferlicht auf jeden Fall vermeiden und stattdessen auf einen ‹Good deal› im Hintergrund setzen», sagt Avenir-Fellow Lukas Schmid zu Blick. Ein umfassendes Freihandelsabkommen hätte zwar einen schwierigen Stand, da die Schweiz im landwirtschaftlichen Bereich Konzessionen eingehen müssten, die innenpolitisch nicht mehrheitsfähig sein dürften. Aber ein sektorales Abkommen liege laut Lukas Schmid drin. «Avenir Suisse würde eine Wiederaufnahme explorativer Gespräche begrüssen. Nicht nur aus wirtschaftspolitischer Sicht. Sie wären auch ein Zeichen dafür, dass sich die USA – entgegen den gegenwärtigen Signalen – der regelbasierten Ordnung nicht verschliesst.»
Eine Premiere wäre das nicht. Der erste Anlauf 2006 scheiterte am Widerstand der Landwirtschaft. Die Gespräche wurden während Trumps erster Amtszeit wieder aufgenommen und gipfelten 2019 in einem Besuch des damaligen Bundespräsidenten Ueli Maurer (74). Trump soll sich beim Gespräch im Oval Office offen für einen Deal gezeigt haben – sollte die Schweiz eine Lösung mit der Landwirtschaft finden. Das gelang nicht rechtzeitig. Als Biden im Januar 2021 übernahm, war das Thema vom Tisch. Jetzt könnte also der nächste Anlauf folgen.