2571 Versicherte, zwei Mitarbeitende
Die kleinste Schweizer Krankenkasse will klein bleiben

Die Cassa da malsauns Lumneziana ist die kleinste zugelassene Krankenkasse der Schweiz, die eine Grundversicherung anbietet. Das Rampenlicht sucht sie nicht. Das hat auch seine Gründe.
Publiziert: 17.10.2024 um 01:12 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2024 um 10:07 Uhr
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Die ländliche Bündner Region Surselva ist Sitz von gleich 3 der insgesamt 39 Schweizer Krankenversicherern.
Foto: © Comet Photoshopping GmbH

Auf einen Blick

  • Lumneziana ist die kleinste Krankenkasse der Schweiz
  • Region Surselva hat drei lokale Krankenkassen
  • Lumneziana hat 2571 Versicherte und zwei Mitarbeitende
  • Sanavals hat 3579 Versicherte und ebenfalls solide Reserven
  • Kleine Krankenkassen bieten günstige Prämien und persönlichen Service
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Beim Stichwort Krankenkasse denken viele an Prämienerhöhung, grosse Unternehmen mit vielen Angestellten und Toplöhnen im Management. Doch es geht im Gesundheitswesen auch klein und fein – und effizient.

Gerade mal 2571 Versicherte und zwei Mitarbeitende zählt die Krankenkasse Lumneziana mit Sitz in Lumnezia GR. Sie ist damit der kleinste vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugelassene Krankenversicherer der Schweiz.

Die Versicherten-Anzahl entspricht nicht einmal der Anzahl der Mitarbeitenden des grössten Schweizer Krankenversicherers Helsana, der rund 2,2 Millionen Versicherte zählt.

Pikant: Ein paar Kilometer weiter, in der Nachbargemeinde Vals GR, befindet sich mit der Gesundheitskasse Sanavals der drittkleinste Krankenversicherer, mit aktuell 3579 Versicherten. Die Bündner Region Surselva mit ihren nicht mal 22'000 Einwohnern zählt sogar eine dritte lokale Krankenkasse, die Vita Surselva mit Sitz in Ilanz GR.

Eine solche Konzentration regionaler Krankenkassen findet sich sonst nur noch im Wallis. Allein in Martigny VS haben drei Krankenkassen ihren Sitz.

Stabilität hat Vorrang vor Wachstum

Blick will wissen, wie die Lumneziana über die Runden kommt und wie sie ihre Zukunft sieht. Doch Lumneziana-Chefin Matilda Arpagaus will «weder schriftlich noch mündlich» auf irgendwelche Fragen eingehen. Auch eine Blick-Anfrage bei der Sanavals verbleibt unbeantwortet.

Für Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly (64) von Comparis ist das nicht überraschend: «Die im Krankenversicherungsgesetz verankerte volle Freizügigkeit – wonach Krankenkassen verpflichtet sind, jeder Schweizer Person vorbehaltlos Versicherungsschutz anzubieten – kann für kleine Krankenkassen Probleme schaffen.» Diese wünschten oft keine öffentliche Aufmerksamkeit, die ihnen potenziell Wachstum bringt, weil sie sonst ihre Administration und ihre Reserven zu stark aufblähen müssten.

Der Status quo ist also gewünscht. Laut Schneuwly «scheinen die genannten kleinen Kassen wirtschaftlich nicht unter Druck zu sein». Er geht davon aus, dass die kleinen Krankenkassen ihre starke regionale Verankerung, die auch Arbeitsplätze in der Region sichern, halten möchten und nicht alles einem Wachstumsdiktat unterwerfen. Eine Fusion der kleinen Regio-Krankenkassen würde keine Vorteile bieten.

Genügend Reserven allein reichen nicht immer

Tatsächlich stehen die Lumnezia ebenso wie ihre Nachbarinnen auf soliden Beinen. Aus dem Geschäftsbericht 2023 geht hervor, dass der Versichertenbestand in der OKP (Obligatorische Krankenpflegeversicherung) Ende Jahr bei 2570 lag, was leicht mehr als noch im Vorjahr (2534) waren. Allerdings resultierte bei der OKP ein negatives Ergebnis von –1,14 Millionen Franken. Bei OKP-Prämieneinnahmen von 8,43 Millionen Franken eine stattliche Zahl. Grund: Eine Zunahme bei den Bruttoleistungen um 11,1 Prozent auf neu 11,16 Millionen Franken.

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Grund zur Sorge besteht nicht: Die Solvenzquote der Lumneziana – also das Verhältnis der vorhandenen Reserven zur Mindesthöhe – beträgt komfortable 122 Prozent. Damit sind die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Bei der Sanavals zeigt sich ein ähnliches Bild: Negatives Jahresergebnis, nur leichter Rückgang der Versichertenzahl und eine Solvenzquote von starken 182 Prozent.

Das allein sichert das Überleben aber nicht immer. 2018 musste die Krankenkasse Turbenthal aus dem gleichnamigen Zürcher Dorf auf Geheiss des Bundesgerichts schliessen, obwohl sie über ausreichende Reserven verfügte. Allerdings entsprach anderes nicht dem Gesetz: So gab es weder elektronische Datenverarbeitung noch ein internes Kontrollsystem.

Günstige Prämien – nicht weitersagen!

In den Geschäftsberichten von Lumneziana und Sanavals heisst es, man blicke «mit Zuversicht» in die Zukunft.

Schneuwly pflichtet dem bei: «Sie kommen ohne Unterstützung der öffentlichen Hand durch und wenn sie die Anzahl der Versicherten stabil halten können, haben sie durchaus Daseinsberechtigung.» Persönlicher Kundenservice und günstige Verwaltungsstrukturen bieten Vorteile.

Die Lumneziana musste die Prämie für das Geschäftsjahr 2024 um 7,5 Prozent erhöhen. Trotzdem bieten die Lumneziana, Vita Surselva und Sanavals gemäss Priminfo-Prämienrechner in ihrer Region stets das günstigste Angebot. Sie liegen teils gar deutlich unter vergleichbaren Angeboten grösserer Krankenkassen wie ÖKK oder Concordia. Der Preisanreiz wird aber nicht an die grosse Glocke gehängt.

Es fällt zudem auf, dass die Lumneziana und ihre regionalen Mitbewerber allesamt als Stiftungen organisiert sind. Damit sind sie vor Übernahmen gefeit. Im Kontext der Konsolidierung im Krankenkassenwesen ist das wesentlich.

Die Anzahl der Versicherer ist seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) im Jahr 1996 deutlich zurückgegangen. In jenem Jahr boten 145 Versicherer die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) an. 2024 sind laut dem BAG nur noch 39 Krankenversicherer zugelassen, darunter acht mit weniger als 10'000 Versicherten. Die kämpfen dafür weniger mit Problemen als grosse Mitbewerber.

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