Umstrittene Gesundheitsreform
Baume-Schneider wirbt mit tieferen Prämien

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat am Freitag die Abstimmungskampagne für die Reform der Finanzierung im Gesundheitswesen lanciert. Ein Ja des Souveräns an der Urne soll zu einer Kosten- und Prämiensenkung beitragen. Abgestimmt wird am 24. November.
Publiziert: 11.10.2024 um 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2024 um 17:02 Uhr
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Mit der Vorlage für die einheitliche Finanzierung von ambulant und stationär erbrachten Leistungen soll ein Anreiz für die Verlagerung von stationären zu ambulanten Behandlungen geschaffen werden.
Foto: Imago

Auf einen Blick

  • Efas soll Anreize für ambulante Behandlungen schaffen
  • Prämienzahlende und Familien mit geringem Einkommen profitieren
  • Kostenaufteilung: 73,1 % Krankenkassen, 26,9 % Kantone
  • Ambulante Behandlungen machen derzeit nur 20 % aus
  • Reform wird von Ärzten, Spitälern und Versicherern unterstützt
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Mit der Vorlage für die einheitliche Finanzierung von ambulant und stationär erbrachten Leistungen (Efas) soll ein Anreiz für die Verlagerung von stationären zu ambulanten Behandlungen geschaffen werden. Finanzielle Fehlanreize sollen beseitigt und die Kosten im Gesundheitswesen gebremst werden, so Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider vor den Medien in Bern.

Letztlich sollen auch die Prämienzahlenden entlastet werden, da mit der einheitlichen Finanzierung die Verlagerung von der Kantons- zur Prämienfinanzierung gestoppt werde. Vor allem Familien und Personen mit tiefem und mittlerem Einkommen würden profitieren.

Sparpotenzial von mehreren Hundert Millionen

Das erwartete Sparpotential könne nicht genau beziffert werden, so Baume-Schneider. Gemäss Studien sollen es mehrere Hundert Millionen Franken sein. Die Kosteneinsparungen würden davon abhängen, wie die Akteure auf die neuen Anreize reagieren würden. Die Prämien sollten mit der einheitlichen Finanzierung niedriger ausfallen als bei Beibehaltung des aktuellen Finanzierungssystems.

Efas sieht vor, dass Kantone und Krankenkassen die Kosten für Gesundheitsleistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) gleich aufteilen: Bis zu 73,1 Prozent sollen die Kassen aus Prämiengeldern bezahlen, mindestens 26,9 Prozent die Kantone, unabhängig davon, ob sie ambulant, stationär oder in Pflegeheimen erbracht werden.

Das neue Finanzierungsmodell soll die Koordination der Versorgung zwischen den Gesundheitsfachpersonen fördern, diese sei heute zu wenig attraktiv, hiess es vor den Medien. So sollen unnötige Hospitalisierungen vermieden, Heimeintritte hinausgezögert und die Kosten durch Koordination gesenkt werden. Die Aufgabenverteilung zwischen den Akteuren der OKP bleibe indes mit der Reform weitgehend unverändert.

System führt zu Fehlanreizen

Derzeit wird bei ambulanten Behandlungen in der Arztpraxis, beim Therapeuten oder im Spital ohne Übernachtung die Finanzierung vollständig von den Krankenversicherern übernommen. Der Kanton beteiligt sich nicht daran. Laut Baume-Schneider machen ambulante Behandlungen derzeit lediglich 20 Prozent aus, dies sei deutlich weniger als in anderen Ländern Europas.

Bei stationären Behandlungen mit Übernachtung im Spital trägt der Wohnkanton des Patienten oder der Patientin mindestens 55 Prozent der Kosten. Diese Beteiligung wird über die Steuern finanziert. Den Rest übernimmt der Krankenversicherer.

Dieses System führe zu Fehlanreizen, die sich in einer höheren Hospitalisierungsrate als in anderen Ländern niederschlage, hiess es an der Medienkonferenz. Es bestehe zu wenig Interesse daran, ambulante Behandlungen zu bevorzugen, auch wenn diese für die Patientinnen und Patienten meist sinnvoller und günstiger wären.

Dank des medizinischen Fortschritts finde die Verlagerung von stationären zu ambulanten Leistungen dennoch statt, aber nur sehr langsam. Mit dem aktuellen Finanzierungssystem führe diese Verlagerung dazu, dass die Belastung der Prämienzahlenden stärker zunehme als diejenige der Kantone. Denn der prämienfinanzierte Anteil der Gesundheitsleistungen steige seit mehreren Jahren, während der steuerfinanzierte Anteil sinke.

Kantone müssten wieder mehr Kosten übernehmen

Laut dem Präsidenten der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), Lukas Engelberger, wird die Vorlage breit gestützt, darunter Ärztevereinigungen, Spitäler, der Apothekenverband, Pflegeheime, Spitex-Organisationen und Krankenversicherer.

Es wäre schade, die Reform, die ein breit abgestützter Kompromiss sei, nach rund zehn Jahren Vorarbeit scheitern zu lassen, sagte Engelberger. Die Kantone würden zudem keine Kompetenzen abgeben. Sie würden aber wieder einen grösseren Teil der Kosten übernehmen müssen.

Bundesrat, Parlament und Kantone empfehlen die Annahme der Reform. Das Parlament hatte die entsprechende Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) im Dezember 2023 verabschiedet.

Ein aus Gewerkschaftskreisen hervorgegangenes Komitee ergriff das Referendum. Es argumentiert, die Reform gebe den Krankenkassen zu viel Macht über das Gesundheitssystem, verschlechtere die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals, erhöhe die Prämien, fördere eine Zweiklassenmedizin und beschleunige den Abbau der Pflege zu Hause und in Pflegeheimen.

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