Auf einen Blick
- SVP-Delegierte fassen am Wochenende Parole zur Gesundheitsreform Efas
- Im Parlament hat eine grosse Mehrheit der Fraktion die Vorlage unterstützt
- Nun ist die Parteileitung umgeschwenkt, trotzdem engagiert sich SVP-Ständerat Hannes Germann für die Reform
Für die SVP-Delegierten hält der Kalender auf dem Weg in ein entspanntes Wochenende noch einen heiklen Termin bereit: Am kommenden Samstagnachmittag fassen sie in der Sporthalle Schachen in Aarau die Parolen für die nationalen Abstimmungen am 24. November. Dort dürfte es um kurz nach 14 Uhr zum Showdown kommen. Dann nämlich soll gemäss Programm über die Gesundheitsreform befunden werden.
Die Reform, die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen im Gesundheitswesen (Efas) regeln soll, bereitet der SVP derzeit nämlich Kopfzerbrechen. Der Grund: Im Parlament hat die Mehrheit der Fraktion die Vorlage noch unterstützt. Mit einer deutlichen Zweidrittelmehrheit sprach sie sich im Nationalrat in der Schlussabstimmung Ende 2023 für die Vorlage aus. Im Stöckli fiel das Ergebnis noch eindeutiger aus: Alle sieben SVP-Vertreter stimmten zu. Doch inzwischen gibt es Bemühungen, die Partei in dieser Frage umzustimmen.
Denn der Parteileitungsausschuss der Delegiertenversammlung hat mittlerweile einstimmig die Nein-Parole beantragt, wie Fraktionschef Thomas Aeschi (45), der auch Mitglied des Parteileitungsausschusses ist, bereits Ende September dem Blick bestätigte.
Fraktionsmitglieder sollen sich erst nach Parolenfassung äussern
Besonders umstritten ist die Integration der Langzeitpflege, die die Krankenkassen stärker belasten würde, was zu einem massiven Anstieg der Krankenkassenprämien führen könnte. Die Langzeitpflege führe mittelfristig zu einem inakzeptablen Prämienschub, argumentiert der Zuger SVP-Nationalrat. «Fahren wir die Krankenversicherung derart an die Wand, landen wir bei einer Einheitskasse – und das wollen wir nicht.»
Aeschi hat die Fraktionsmitglieder dazu aufgefordert, sich mit öffentlichen Statements zurückzuhalten, bis die Delegiertenversammlung eine offizielle Parole fasst. Darüber haben die Zeitungen von CH Media zuerst berichtet.
Einer, der sich um die Direktive der Parteileitung foutiert, ist der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (68). Er gilt als Konsenspolitiker, weicht auch mal von der Parteilinie ab. Nun engagiert er sich im überparteilichen Komitee der Efas-Befürworterinnen und -Befürworter, das am Dienstag seine Kampagne lancierte.
«Fühle mich Land und Leuten gegenüber verpflichtet»
An der Medienkonferenz in Bern sagte er: «14 Jahre war dieses Geschäft im Parlament und ich durfte es von Beginn weg begleiten. Ich kann Ihnen sagen, eine ausgewogene Gesundheitsreform zu zimmern, die das Problem der Fehlanreize löst und den verschiedenen Interessen gerecht wird, ist eine komplexe Sache.» Es sei endlich gelungen, die Chance dürfe man sich jetzt nicht entgehen lassen.
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Als Politiker entscheide man während der Beratungen im Parlament und verabschiede am Schluss ein Geschäft, erklärt Germann. «Ich sehe darum absolut keinen Grund, wieso ich nicht im Befürworter-Komitee mitarbeiten könnte. Im Gegenteil: Ich habe mich sogar verpflichtet gefühlt, mich zu engagieren. Das sind wir Politikerinnen und Politiker dem Land und den Leuten schuldig.»
Germann findet es darum problematisch, wenn die Parteileitung sich gegen die Fraktion stellt, besonders nach einem so klaren Beschluss. Wolle man die Diskussion in der Partei mit der Basis ernsthaft führen, müsse man das im Vorfeld tun. Und nicht erst, wenn bereits im Parlament entschieden worden sei, sagt der Schaffhauser. Trotzdem: «Auf nationaler Ebene zeigt sich nun ein Meinungsstreit, der die Delegiertenversammlung spannend macht, was auch legitim ist.»
Nicht erster Meinungsumschwung
Er sei bisher von der Parteileitung für sein Engagement nicht kritisiert worden. «Meine Aufgabe besteht aber auch darin, die Entscheidungen im Interesse des Volkes und meines Kantons zu vertreten. Dafür wurde ich gewählt.» Germann wagt keine Prognose für Samstag: Der Entscheid könne in beide Richtungen gehen, ähnlich wie bei der Abstimmung über das Stromgesetz.
Auch damals hatte die SVP in der Schlussabstimmung klar zugestimmt, doch die Parteileitung wechselte plötzlich auf einen Nein-Kurs und führte eine Kampagne gegen ihren eigenen Bundesrat und Energieminister Albert Rösti (57). Dadurch wirkte die Partei bis zum Ende hin gespalten. Am Ende ging Rösti als Sieger vom Platz, das Volk hat das Stromgesetz angenommen.
Bei der Pensionskassen-Reform waren die Fronten innerhalb der Partei ebenfalls brüchig. Einzelne Kantonalsektionen tanzten mit einer Nein-Parole aus der Reihe. Und auch bei der 13. AHV-Rente zeigte sich eine Spaltung zwischen der Basis und der Führung der SVP. Die Partei lehnte die zusätzliche Rente ab, doch fast die Hälfte ihrer Wählerschaft war dafür.