Auf einen Blick
- Schweizer Gesundheitssystem vor grundlegender Änderung durch Efas-Reform
- Gewerkschaften warnen vor steigenden Krankenkassenprämien und Mehrkosten für Patienten
- Eigenbeteiligung, etwa bei einer Blinddarmoperation, könnte steigen
Mit der geplanten Efas-Reform steht das Schweizer Gesundheitssystem vor einer grundlegenden Änderung. Efas steht für «Einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen». Ziel dieser jüngsten Gesundheitsreform ist es, die Finanzierung transparenter und einheitlicher zu gestalten – und damit Fehlanreize aus dem Weg zu räumen. Bisher gelten für ambulante Behandlungen und stationäre Spitalaufenthalte unterschiedliche Finanzierungsmodelle. Das soll sich ändern.
Am 24. November wird das Schweizer Stimmvolk über die Reform entscheiden. Die Gewerkschaften haben das Referendum ergriffen und warnen vor den zusätzlichen Kosten. Reto Wyss (38) vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) sagt: «Diese Reform bedeutet nicht nur höhere Krankenkassenprämien, sondern auch spürbare Mehrkosten für Patientinnen und Patienten bei Spitalaufenthalten.»
Höhere Eigenbeteiligung für Spitalaufenthalte
Heute werden ambulante Behandlungen allein von den Krankenkassen bezahlt – aus Prämiengeldern. Für stationäre Leistungen – also bei Spitalübernachtungen – bezahlen Versicherte nur auf 45 Prozent der Behandlungskosten Prämien sowie Franchise und Selbstbehalt. Die restlichen 55 Prozent der Kosten werden vom Wohnkanton übernommen.
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Nach der Reform würden die Kantone künftig mindestens 26,9 Prozent der Gesamtkosten berappen, die Prämienzahlenden 73,1 Prozent. Für einzelne Behandlungen würde zudem die Eigenbeteiligung deutlich steigen. «Besonders betroffen wären gesunde Personen, die leichtere stationäre und nur wenige ambulante Behandlungen in Anspruch nehmen», erklärt Wyss.
Er illustriert die Auswirkungen anhand einer Blinddarmoperation, die aktuell im Schnitt etwa 6750 Franken kostet. Heute sieht die Rechnung laut Wyss für eine versicherte Person mit einer Franchise von 2500 Franken so aus: Der Krankenkassenanteil liegt bei 45 Prozent der Gesamtkosten. Die Patientin oder der Patient zahlt die Franchise von 2500 Franken. Auf den verbleibenden Anteil wird ein Selbstbehalt von 10 Prozent berechnet, in diesem Fall 54 Franken. Insgesamt betragen die Kosten für die versicherte Person 2554 Franken.
«Klare Verschlechterung»
Mit der Efas-Reform würde sich die Rechnung deutlich ändern, denn die Eigenbeteiligung würde neu auf Basis der gesamten Behandlungskosten, inklusive Kantonsanteil, berechnet. Die Franchise würde ebenfalls vollständig ausgeschöpft und der Selbstbehalt auf 425 Franken steigen. Insgesamt würde die versicherte Person nun 2925 Franken zahlen, also 371 Franken mehr als heute. Das gelte bei diesem Beispiel für alle Franchisestufen.
Hier liegt der Clou: Die Mehrkosten resultieren aus dem sogenannten Nettoprinzip, das mit Efas eingeführt würde. Bisher zahlten die Kantone einen Teil der Behandlungskosten, bevor die Versicherten ihre Eigenbeteiligung leisteten. Das würe sich mit der Reform ändern: Die Kantone würden ihren Anteil erst übernehmen, nachdem die Versicherten ihre Franchise und ihren Selbstbehalt auf 100 Prozent der Kosten gezahlt hätten. Wobei der Selbstbehalt auf 700 Franken pro Jahr gedeckelt wäre.
Wyss kritisiert dieses Vorgehen: «Das Nettoprinzip bedeutet letztlich, dass die Patienten künftig auf 100 Prozent der Behandlungskosten die Eigenbeteiligung entrichten müssen, bevor der Kanton einspringt. Das ist eine klare Verschlechterung.»
Das sehen die Befürworterinnen und Befürworter der Reform anders. Sie argumentieren, dass die Vorlage Fehlanreize beseitige. Und anders als die Gewerkschaften erwarten sie ausserdem, dass die Gesundheitsreform zu einer deutlichen Reduzierung der Prämien im neuen System führen wird.
Und weiter: Der aktuelle Fall treffe nur dann zu, wenn die Gesamtkosten für die Krankenversicherung im Jahr unter 7'000 Franken liege und der Selbstbehalt des Patienten nicht vollständig ausgeschöpft werde. Bei stationären Patienten sei dies jedoch sehr unwahrscheinlich, da oft zusätzliche Vor- und Nachbehandlungen anfallen würden.