Plötzlich auch Bürgerliche dafür offen
Testen die Kantone bald die staatliche Einheitskasse?

Der Kanton Genf fordert eine kantonale Einheitskasse, um die hohen Krankenkassenprämien zu senken. Nächste Woche wird das Anliegen im Ständerat diskutiert. Gleich mehrere bürgerliche Parlamentarier zeigen sich offen für die Idee.
Publiziert: 05.10.2024 um 11:06 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2024 um 11:38 Uhr
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Nächste Woche kommt eine Standesinitiative des Kantons Genf in die Gesundheitskommission des Ständerats. Sie will gesetzliche Grundlagen für eine staatliche Einheitskasse.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Genf plant kantonale Einheitskasse zur Senkung der Krankenkassenprämien
  • Mehrere bürgerliche Parlamentarier zeigen sich offen für einen Testlauf bei der Einheitskasse
  • Umfragen zeigen, dass rund zwei Drittel der Bevölkerung zustimmen
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Der Kanton Genf hat die höchsten Krankenkassenprämien der Schweiz. Das Kantonsparlament nutzte dies vergangenes Jahr als Anlass, in Bundesbern eine Standesinitiative einzureichen: Die Bundesversammlung soll eine Gesetzesgrundlage für eine kantonale Einheitskasse schaffen.

Nächste Woche kommt das Anliegen in die Gesundheitskommission des Ständerats – und ist dort keineswegs chancenlos. Gleich mehrere bürgerliche Parlamentarier zeigen sich der Einheitskasse plötzlich aufgeschlossen, schreibt die «NZZ».

An der Urne chancenlos, in Umfragen beliebt

So äussert sich etwa der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann (68) kritisch zum geltenden System der Krankenkassen und spricht von einem «Scheinwettbewerb». Zum Genfer Vorstoss für eine kantonale Monopolkasse habe er sich aber noch nicht entschieden.

An der Urne erteilte das Stimmvolk der staatlichen Monopol-Krankenkasse bereits viermal eine Abfuhr – zuletzt 2014. In den vergangenen Jahren stieg in der Bevölkerung die Unterstützung für eine staatliche Monopol-Krankenkasse jedoch immer weiter: Gleich mehrere Umfragen zeigen, dass rund zwei Drittel eine Einheitskasse begrüssen. Es könnte also nicht mehr lange dauern, bis sich der linke Traum einer einzelnen, staatlichen Krankenkasse tatsächlich erfüllt.

Auch die Branche will einen Test

Denn auch aus der Branche selbst kommt Interesse: Thomas Harnischberg (62), Chef der Krankenkasse KPT, erklärte im Juni in einem Interview mit der «NZZ», dass er persönlich nichts gegen einen solchen Test in einem Kanton habe. Andere Branchenstimmen zeigten sich ebenfalls offen. Jedoch unter einem ganz anderen Grundgedanken als die linken Befürworter: Ein solcher Testlauf soll nämlich zeigen, dass die Sparerwartungen im Publikum weit übertrieben seien.

Auch der Obwaldner Mitte-Ständerat Erich Ettlin (62) zeigt sich durch den Vorstoss des Kantons Genf nicht sonderlich alarmiert. Ettlin sitzt sowohl in der ständerätlichen Gesundheitskommission als auch im Verwaltungsrat der Krankenkasse CSS. Bisher habe er allerdings solche Vorstösse vor allem wegen der Befürchtung abgelehnt, dass in kurzer Zeit diverse Kantone eine kantonale Monopolkasse einführen würden. Damit wäre der Sprung zu einer nationalen Einheitskasse vorgespurt.

Zuerst experimentieren, statt gleich zu regulieren

Mit einem Kniff könnte dies aber verhindert werden: Statt die gesetzliche Grundlage für eine kantonale Einführung zu schaffen, könnte der Bund den Experimentierartikel im Krankenversicherungsgesetz erweitern. Damit wäre der Weg frei, in Genf zuerst einmal ein inhaltlich, zeitlich und räumlich beschränktes Pilotprojekt durchzuführen. Und danach zu evaluieren.

Für die bestehenden Kassen wäre ein solches Projekt dennoch ein bedeutender Einschnitt: Sie müssten ihre Kundinnen und Kunden in der Grundversicherung an die neue Staatskasse übergeben. Damit würden wahrscheinlich bei den betroffenen Krankenkassen auch zahlreiche Stellen wegfallen. Und für die Kundschaft wäre die Wahlfreiheit plötzlich passé. Zudem müssten Zu- und Wegzüger zwingend einen Kassenwechsel durchführen.

Einsparungen vermutlich deutlich tiefer als erhofft

Ausgerechnet der Vergleichsdienst Comparis schlug im April einen solchen kantonalen Testlauf vor. Dies, nachdem sich fast 80 Prozent der Teilnehmer in einer Comparis-Umfrage für einen solche aussprachen. Die Befragten erwarteten durch die Einheitskasse eine Einsparung von mindestens 40 Franken pro Monat – also über 10 Prozent.

Im Vergleich machen die gesamten Verwaltungskosten der Branche derzeit rund 5 Prozent des Prämienvolumens aus. Und nur etwa 0,2 Prozent des Prämienvolumens fällt auf die Werbekosten. Dennoch werden genau diese oft kritisiert.

Die Einsparung einer Einheitskasse wäre folglich nur etwa einen Fünftel so gross, wie es die Befürworterinnen und Befürworter hoffen. Und im schlimmsten Fall würden die Prämien sogar steigen: Denn bei einem staatlichen Monopol fielen viele Sparanreize der heutigen Krankenkassen weg. Genau um solche Unsicherheiten zu klären, pocht mittlerweile eine grosse Mehrheit auf einen Testlauf.

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