Nach dem Viersatz-Erfolg über Tomas Martin Etcheverry (24) tippt Stan Wawrinka (38) wieder mit dem Zeigefinger an die Stirn. Es ist die Geste, die man von seinen früheren grossen Erfolgen kennt. Sie bedeutet: Es spielt sich alles hier im Kopf ab. Über die Jahre ist sie zum Markenzeichen des dreifachen Grand-Slam-Gewinners geworden.
Jetzt scheint sich zusätzlich ein weiteres Ritual nach wichtigen Siegen zu etablieren: die grosse Dirigenten-Show mit den Zuschauern. Wie schon in Paris im Mai heizt Wawrinka die Fans auf den Tribünen an. Mal jene im Norden, dann jene im Süden. Dann die anderen zwei. Welche ist die lauteste? Minutenlang dauert das Spiel, das «Stan the Man» sichtlich zu geniessen scheint. Und die Fans in Flushing Meadows, die den 38-Jährigen ohnehin schon lange in ihr Herz geschlossen haben, sowieso.
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Wawrinka wird auf New Yorker Boden gefeiert wie sonst nur Amerikaner oder ausgewählte Superstars. Es sind jene Emotionen, das hat er schon oft betont, die als Feuer und Antrieb in der letzten Phase seiner Karriere dienen. «Ich weiss, dass ich das nirgendwo anders finden werde, wenn ich mit dem Tennis aufhöre», sagt der Romand nach dem Sieg gegen Etcheverry an der Pressekonferenz.
«Er hat mir zweimal in den Hintern getreten»
Sein Einzug in die dritte Runde der US Open ist geschichtsträchtig. Er ist der älteste Spieler seit Jimmy Connors (70) im Jahr 1991, der damals als 39-Jähriger gar bis in den Halbfinal vorstiess. Wawrinka sagt: «Ich geniesse einfach, was ich tue. Ich glaube, es kommt nicht auf das Alter an. Wenn du in einer Sache immer noch die Leidenschaft in dir spürst, solltest du nichts daran ändern. Klar, ich bin alt – aber ich fühle mich gut.»
So gut, dass er auch im Duell mit der 16 Jahre jüngeren Weltnummer sechs, Jannik Sinner (22), für Begeisterung sorgen kann? Wawrinka muss lachen, weil er sich sofort an die jüngsten zwei Spiele erinnert, die er in Rotterdam (Ho) und Indian Wells (USA) beide verloren hat: «Er hat mir in diesem Jahr zweimal in den Hintern getreten. Er strotzt vor Selbstvertrauen und hat gerade sein erstes Masters-Turnier (in Toronto, Anm. d. Red.) gewonnen. Das wird eine riesige Herausforderung für mich. Ich werde mein bestes Tennis auspacken müssen.» Genau darauf hoffen auch die Fans in New York. Alle wollen sie den US-Open-Champion von 2016 am Samstag wieder als Tribünen-Dirigenten sehen.