Dominic Stricker (21) liefert in New York das, was die Amerikaner so lieben: eine Riesenshow. Vier Stunden und fünf Sätze Drama pur – mit dem sensationellen Ende, dass der junge Schweizer Qualifikant die Weltnummer sieben Stefanos Tsitsipas (25) tatsächlich aus dem Turnier kegelt.
Die Fans an den US Open sind aus dem Häuschen. Und nicht nur die: Landsfrau Belinda Bencic (26) feuert Stricker unmittelbar nach ihrem Zweitrundensieg live im Stadion an. Davis-Cup-Kumpel Leandro Riedi (21) schreibt auf Instagram: «Wow, wow, wow!», und auch Stan Wawrinka (38) postet ein die Sensationsleistung würdigendes «Let’s go!». Die Macher des renommierten, von Millionen Fans gehörten «Tennis Podcast» twittern: «Das ist ab sofort ein Dominic-Stricker-Fan-Account.»
Der junge Mann aus dem beschaulichen Grosshöchstetten BE ist in der Weltstadt New York plötzlich in aller Munde. Nicht nur, weil er als Weltnummer 128 gerade den haushohen Favoriten aus Griechenland eliminiert hat, sondern auch aufgrund seiner verblüffenden Coolness, die er dabei ausgestrahlt hat. Das Video, wie er vor dem letzten Seitenwechsel im fünften Satz den Whitney-Houston-Hit «I Wanna Dance With Somebody» trällert, geht viral. Überall wird Stricker für seine Lockerheit gefeiert.
Viel Spektakel und ein weiterer Schmunzler
In anderen Momenten während des Matchs lächelt er immer wieder in Richtung seiner Box. Als diese ihm kurz vor der Entscheidungsphase via Ballbub einen frischen Powerdrink zukommen lässt, trinkt er zunächst einen Schluck, verzieht dann – am TV herrlich zu sehen – das Gesicht und macht eine fragende Geste im Sinne von: «Was ist denn das für ein Gesöff?!»
Strickers Auftritt im Grandstand, dem drittgrössten Stadion der Anlage in Flushing Meadows, ist beste Unterhaltung. Und enorm mutig. Zweimal spielt er einen spektakulären Tweener (also den Schlag, bei dem man den Ball durch seine Beine spielt), allerdings ohne Erfolg. Andere Male stachelt er das Publikum an, ihn noch mehr zu unterstützen. «Es war einfach schön, da draussen zu spielen und zu sehen, wie mich so viele Leute angefeuert haben. Das war ein grossartiger Tag», sagt Stricker hinterher an der Pressekonferenz.
Nun, es war ein grossartiger, aber auch ein äusserst lukrativer Tag für ihn: Dank des Weiterkommens sind Stricker bereits umgerechnet 168’000 Franken Preisgeld sicher. Eine enorme Summe für einen Spieler, der die Top 100 Marke noch nie geknackt hat.
Es könnte ein Duell mit Fritz winken
Und seine Reise geht jetzt noch weiter. In der dritten Runde trifft er auf den 27-jährigen Franzosen Benjamin Bonzi, dem mit dem Sieg über den US-Shootingstar Christopher Eubanks (27, ATP 30) ebenfalls eine faustdicke Überraschung gelungen ist. Bonzi war zu Beginn des Jahres noch die Nummer 42 der Welt, ist nun aber auf Rang 108 zurückgefallen. Vor den US Open hat er seit Februar nie mehr als einen Sieg an einem Turnier einfahren können.
Stricker ist auch gegen den erfahreneren Mann aus Nîmes der Aussenseiter. Doch träumen – von einem möglichen Achtelfinal-Duell mit Lokalmatador und Weltnummer neun Taylor Fritz (25) und dem erstmaligen Sprung in die Top 100 – ist erlaubt. In New York sowieso.