Auf dem Tenniscourt weiss der dreifache Grand-Slam-Champion Stan Wawrinka (38) genau, wie man sich aus brenzligen Situationen herauskämpft. Ein paar französischen Filmemachern hat er vor ein paar Jahren bewiesen, dass er auch neben dem Platz zur Stelle sein kann, wenn es mal eng wird. Wie? Der Komiker und Schauspieler Kev Adams (32) erzählt die Geschichte so: Wawrinka sei «der Retter» des Kinofilms «Maison de retraite» (deutsch: Altersheim). Nachdem er ihm «im Gespräch unter Kumpels» davon erzählt hatte, dass ein Geldgeber die Produzenten drei Wochen vor Drehbeginn im Stich gelassen habe, sei der Tennisstar sofort Feuer und Flamme gewesen. Vom Filmemachen habe er schon sein ganzes Leben geträumt. Ausserdem sagte er zum Plot, in dem ein junger Sträfling 300 Sozialstunden damit verbringen muss, älteren Menschen zu helfen: «Das Thema ist wichtig. Wir machen das.»
Das war Wawrinkas Einstieg ins Filmbusiness. Mittlerweile hat der Romand eine eigene Produktionsfirma gegründet und arbeitet immer wieder an Projekten mit. «Für 2024 sind zwei weitere Komödien geplant», verrät Wawrinka mit einem Lächeln. Es ist sein liebstes Genre. Er habe grossen Spass daran, in diese Branche einzutauchen: «Mich interessiert alles daran. Vom Drehen übers Produzieren bis zum Tag, wenn der Film an der Kinoleinwand flimmert. Das ist eine ganz andere Welt – sie erlaubt meinem Kopf, mal völlig anderen Dingen nachzustudieren.»
In «Maison de retraite» hatte Wawrinka gar eine kleine Gastrolle, dies aber nur als «kleiner Jux unter Freunden», wie er betont: «Das war mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Es ist nicht so, dass ich ernsthaft über das Schauspielern nach meiner Tenniskarriere denken würde.»
Trotzdem: Gedanken an die Zeit nach der aktiven Laufbahn macht sich Wawrinka schon lange: «Meine Leidenschaft für Filme könnte sicherlich eine der Optionen sein. Grundsätzlich mache ich mir aber keine Sorgen über meine Zukunft. Ich liebe das Leben. Ich liebe es, neue Dinge zu entdecken. Und ich liebe es, zu arbeiten.»
«Möchte nichts bereuen müssen»
Den Ruf des «Machers» hat «Marathon-Stan» auch im Tennis. Produziert er fürs Kino Komödien, sind es auf dem Platz oftmals Thriller, in denen er den Protagonisten darstellt. Geboten hat er in diesem Jahr schon einiges: die zwei Fünf-Satz-Krimis an den French Open etwa. Oder der bitter verlorene Final in Umag (Kro).
Sein Einsatzwille ist einer der Gründe, warum der aktuell älteste Spieler der Top 100 auf der Tour derart beliebt ist. Egal wo er aufschlägt, ihm fliegen die Herzen zu. Und das soll noch möglichst lange so bleiben. Wawrinka sagt: «Ich weiss, dass der Tag, an dem ich zurücktrete, extrem schwierig wird. Ich bereite mich darauf vor und werde es akzeptieren. Doch davor möchte ich noch einmal alles herausholen, was geht. Ich spüre noch so viel Lust und Energie. Ich möchte bei meinem Rücktritt im Nachhinein nichts bereuen müssen.»
Wawrinka träumt davon, im Ranking (aktuell ATP 49) weiter hochzuklettern und noch einmal eine Trophäe hochstemmen zu dürfen. Hört seine Karriere einst wie ein Hollywoodstreifen auf? Gibts ein Happy End? Der Westschweizer sagt, er plane nicht auf einen exakten Tag hin: «Ich will einfach bis zum Schluss alles geben.»
Gleich verhält es sich mit den am Montag beginnenden US Open in New York. Hier gewann er 2016 seinen dritten Grand-Slam-Titel. Und hier ist er auch dieses Jahr wieder für eine Überraschung, eine irre Wendung oder ein spannendes Duell gut. Denn seine Matches sind zumeist so, wie er seine Filme zu produzieren beabsichtigt: nie langweilig.