Blick: Stan Wawrinka, wo auf der Tour gibt es eigentlich den besten Kaffee?
Stanislas Wawrinka: (Lacht) Bei mir zu Hause. Wenn er aus meiner hübschen Maschine läuft.
Es heisst, Sie seien ein grosser Kaffeeliebhaber. Wieviele Tassen gönnen Sie sich pro Tag?
Zwischen vier bis acht. Das ist mein kleines Vergnügen im Alltag. Mit einem schönen Kaffee kann ich abschalten – und er pusht mich zugleich.
2015 haben Sie in Paris-Bercy gar während einer Partie gegen Rafael Nadal einen Kaffee bestellt …
… und ich habe das Spiel hinterher auch gewonnen. Er war eine Art Zaubertrank. Nein, im Ernst. Es war auch schon spät an jenem Abend und ich brauchte ein bisschen Energie.
Eine ähnlich stimulierende Wirkung auf Sie dürfte die riesige Unterstützung haben, die Sie an den Turnieren in diesem Jahr erfahren. Was macht sie mit Ihnen?
Die Unterstützung der Fans ist genial. Einfach wunderschön, dass ich das erleben darf. Und Sie haben Recht: Dieser Support hilft einem, er gibt mir Adrenalin während den Partien. Und er ist auch klar einer der Gründe, weshalb ich weiterhin so viel Freude am Tennis habe.
Spüren Sie, dass die Marke Stan Wawrinka in diesem Jahr noch einmal ein Stück populärer geworden ist?
Ja, ich spüre das. Die Leute freuen sich, mich zu sehen. Ich habe das Gefühl, dass dies auch mit dem Verschwinden meiner Generation zu tun hat. Roger Federer ist bereits zurückgetreten, Rafael Nadal fehlt nun auch sehr lange wegen seiner Verletzung. Ich glaube, die Fans versuchen nun, so viel wie möglich noch aus unserer grossen Generation mitzunehmen. Wenn ich spiele, dann darf ich das jetzt mit einem enormen Rückhalt des Publikums tun. Deshalb freue ich mich nun auch auf das Turnier in Gstaad.
20 Jahre sind vergangen seit Ihrer ersten Teilnahme in Gstaad – und 10 Jahre seit Ihrem letzten Auftritt hier.
Genau. Meine Vorfreude ist riesig. Ich habe es in der Vergangenheit leider nicht immer geschafft, in der Schweiz meine besten Leistungen abzurufen. Wohl auch, weil ich mich zu fest unter Druck gesetzt hatte und auch, weil ich mitunter den Fokus auf andere Turniere legte. Jetzt möchte ich es einfach geniessen. Denn ich weiss nicht, wie viele Chancen ich in meiner Karriere noch haben werde, in der Schweiz zu spielen.
Träumen Sie vom Heimsieg?
Natürlich, ich hätte grosse Lust dazu. Noch einmal eine Trophäe in die Höhe zu stemmen, ist eines meiner erklärten Ziele, bevor ich aufhöre. Doch ich muss auch realistisch sein: Obwohl ich teilweise richtig gut spielte, bin ich in den letzten Monaten nie so weit gekommen, dass ich vor einem Turniersieg gestanden hätte. Ich weiss, dass ich dazu fähig bin, die Gegner im Teilnehmerfeld von Gstaad zu schlagen. Aber ich weiss auch, dass das Niveau unglaublich ausgeglichen ist. Ich muss mich von Spiel zu Spiel kämpfen.
Mit Stan Wawrinka (38) und Marc-Andrea Hüsler (27) sowie den Wildcard-Empfängern Dominic Stricker (20) und Alexander Ritschard (29) weist das ATP-250-Turnier in Gstaad gleich vier Schweizer Exponenten im Hauptfeld auf. Letzterer macht den Anfang im Berner Oberland: Ritschard trifft am Montag auf den Spanier Jaume Munar (26). Im Abendspiel (nicht vor 17.30 Uhr) duellieren sich Hüsler und der Österreicher Jurij Rodionov (24). Am Dienstag bekommt es Stricker mit dem französischen Top-Talent und diesjährigen Lyon-Sieger Arthur Fils (19) zu tun – und Stan Wawrinka mit dem an Nummer sechs gesetzten Spanier Roberto Carballes Baena (30).
Bitter: Mit Felix Auger-Aliassime (22), Jan Lennard-Struff (33) und Denis Shapovalov (24) haben zuletzt die Nummern eins, zwei und vier für Gstaad verletzungsbedingt abgesagt. So geht der Spanier Roberto Bautista Agut (35) als einziger Top-30-Spieler als Topgesetzter ins Turnier. (mpe)
Mit Stan Wawrinka (38) und Marc-Andrea Hüsler (27) sowie den Wildcard-Empfängern Dominic Stricker (20) und Alexander Ritschard (29) weist das ATP-250-Turnier in Gstaad gleich vier Schweizer Exponenten im Hauptfeld auf. Letzterer macht den Anfang im Berner Oberland: Ritschard trifft am Montag auf den Spanier Jaume Munar (26). Im Abendspiel (nicht vor 17.30 Uhr) duellieren sich Hüsler und der Österreicher Jurij Rodionov (24). Am Dienstag bekommt es Stricker mit dem französischen Top-Talent und diesjährigen Lyon-Sieger Arthur Fils (19) zu tun – und Stan Wawrinka mit dem an Nummer sechs gesetzten Spanier Roberto Carballes Baena (30).
Bitter: Mit Felix Auger-Aliassime (22), Jan Lennard-Struff (33) und Denis Shapovalov (24) haben zuletzt die Nummern eins, zwei und vier für Gstaad verletzungsbedingt abgesagt. So geht der Spanier Roberto Bautista Agut (35) als einziger Top-30-Spieler als Topgesetzter ins Turnier. (mpe)
Ganz generell: Wie weit planen Sie in Ihrer Karriere voraus?
(Überlegt) Wissen Sie, die schwierigen letzten Jahre mit der Knieverletzung und den zwei Fussoperationen haben mich viel Zeit und Energie gekostet. Ich bin einfach froh, zurück zu sein. Ich setze mir keine zeitlichen Ziele, keine Deadlines. Ich mache das, was im Bereich des Möglichen ist. Stand jetzt ist es meine Absicht, diese Saison noch wirklich gut zu beenden. Dann werde ich im Winter sehen, wo ich stehe. Ich werde meine Vorhaben neu definieren und schauen, was mein Körper sagt. Aber wie gesagt …
… ja?
An Zielen mangelt es nicht. Olympia 2024 ist genauso Teil meiner Träume wie eben auch, nochmals einen Titel zu gewinnen oder in der Weltrangliste weiter nach vorne zu kommen. Ich weiss, dass ich noch ein Stück besser werden kann – körperlich, aber auch aufs Tennis bezogen.
Sie haben in Wimbledon (Out in Runde drei gegen Novak Djokovic) Einblick in Ihren enormen Trainingsaufwand gewährt – mit Tagen mit mitunter vier Stunden Tennis und anschliessend noch einmal eineinhalb Stunden im Kraftraum. In Paris spielten Sie zwei beeindruckend intensive Fünfsätzer. Sind Sie überrascht, wie gut Ihr Körper mit 38 noch mitzieht?
Was das Training angeht, ist das normal für mich. Ich muss viel investieren, um auf der Tour nach wie vor bestehen zu können. Aber ja: Manchmal überrasche ich mich selbst – und zwar, was die Motivation betrifft. Wie einfach es mir gelingt, zu sagen: Ja, heute trainiere ich wieder besonders hart. Ich bin überrascht und glücklich zugleich, in meinem Alter noch immer auf solch einem Level spielen zu können. Aber ich habe auch meine ganze Karriere darauf ausgelegt, so lange wie möglich dabei zu bleiben.
Stan Wawrinka wurde 1985 in Lausanne geboren. Im Waadtland wuchs er zu einem der Schweizer Top-Tennistalente heran, dem mit Anfang 20 der Durchbruch auf internationaler Stufe gelang. 2006 holte er sich seinen ersten ATP-Turniersieg in Umag (Kro), nach der Final-Aufgabe eines gewissen Novak Djokovic. 2008 gewann er in Peking zusammen mit Roger Federer Olympia-Gold im Doppel. 2014 siegte er an den Australian Open – es war der erste von drei Grand-Slam-Titeln. 2015 triumphierte er in Roland Garros, 2016 an den US Open. Eine Knieverletzung sowie zwei Fussoperationen warfen ihn in den letzten Jahren arg zurück. Nach langer Leidenszeit gab er 2022 sein Comeback. Im März dieses Jahres wurde er 38 Jahre alt und etablierte sich gleichzeitig wieder in den Top 100.
Stan Wawrinka wurde 1985 in Lausanne geboren. Im Waadtland wuchs er zu einem der Schweizer Top-Tennistalente heran, dem mit Anfang 20 der Durchbruch auf internationaler Stufe gelang. 2006 holte er sich seinen ersten ATP-Turniersieg in Umag (Kro), nach der Final-Aufgabe eines gewissen Novak Djokovic. 2008 gewann er in Peking zusammen mit Roger Federer Olympia-Gold im Doppel. 2014 siegte er an den Australian Open – es war der erste von drei Grand-Slam-Titeln. 2015 triumphierte er in Roland Garros, 2016 an den US Open. Eine Knieverletzung sowie zwei Fussoperationen warfen ihn in den letzten Jahren arg zurück. Nach langer Leidenszeit gab er 2022 sein Comeback. Im März dieses Jahres wurde er 38 Jahre alt und etablierte sich gleichzeitig wieder in den Top 100.
Sie sagten einst, Sie würden die Emotionen des Tennis wohl nie mehr irgendwo anders finden. Haben Sie deswegen Respekt vor einem Schlussstrich?
Klar. Ich weiss jetzt schon, dass der Tag, an dem ich aufhören werde, ein schwieriger wird. Ich habe mein ganzes Leben von den Emotionen des Tennis gelebt. Aber der Tag wird kommen, das muss ich akzeptieren. Und ich muss dafür sorgen, dass er so wenig schlimm wie möglich wird. (Schmunzelt)
Die Fussstapfen von Ihnen und Roger Federer sind riesig für den Schweizer Nachwuchs. Wie beurteilen Sie die Fortschritte der Spieler, die nachkommen?
Wir haben einige vielversprechende Spieler. Marc-Andrea Hüsler hatte letztes Jahr eine starke Saison. Er hat bereits bewiesen, dass er in die Top 50 vorstossen kann. Und mit Dominic Stricker und Leandro Riedi kommen zwei Spieler nach, die sehr viel Potenzial haben, nun aber auch zeigen müssen, zu was sie fähig sind. Es wird interessant sein, sie zu beobachten. Domi war nun schon an den French Open und in Wimbledon dabei, er macht seinen Weg – ich verfolge ihn immer ein wenig. Und es macht mir Spass, nun in Gstaad mit ihm im Doppel anzutreten.