Es war ein grosses Abenteuer für Dominic Stricker in der Weltstadt New York. Ein wilder Ritt von der pickelharten Qualifikation bis in die Achtelfinals der US Open – und einer Bühne, die er mit seinen 21 Jahren noch nie gesehen hat. Im 14’000 Plätze fassenden, fast vollen Louis-Armstrong-Stadium ging seine Turnierreise zu Ende. Der Lokalmatador und Weltranglisten-Neunte Taylor Fritz (25) entpuppte sich als eine Nummer zu gross für das aufstrebende Talent aus Grosshöchstetten BE.
Und doch ist der erfrischende Auftritt von Stricker ein Versprechen für die Zukunft. Der Linkshänder hat gezeigt, dass er mit den Besten mithalten und sie – im Falle von Stefanos Tsitsipas in der zweiten Runde – sogar schlagen kann. Und er bewies, dass er auch physisch schon ein Niveau erreicht hat, das ihm erlaubt, auch über längere Duelle sein Spiel durchzuziehen. Wie beispielsweise, als er auf den Fünfsatz-Erfolg gegen Tsitsipas den Sieg über Benjamin Bonzi (27) über erneut fünf Durchgänge folgen liess.
«Wir sind auf einem super Weg», meinte Stricker hinterher im Interview mit SRF und sprach von einer «tollen Erfahrung, die ich in den letzten zwei Wochen machen durfte». Selbst die Niederlage gegen Fritz dürfte er mit ein wenig Abstand als gute, wertvolle Lektion abstempeln. Schon kurz nach dem Spiel sagte er: «Die vielen Leute sind zwar nicht wegen mir gekommen. Aber ich habe es trotzdem genossen, es herrschte eine coole Atmosphäre in diesem Stadion.»
Oberstes Ziel: Ranking halten
An Spiele auf grösseren Plätzen darf sich Stricker, der zum US-Open-Start noch die Weltnummer 128 war, allmählich gewöhnen. Dank seines New Yorker Höhenfluges sind ihm nicht nur die umgerechnet 251’000 Franken Preisgeld gewiss, sondern auch erstmals ein Platz in den Top 100. Er wird sich um Rang 87 positionieren. Für den unmittelbar nächsten Verlauf seiner Karriere bedeutet dies, dass er sich auch in Sachen Turnierplanung nach oben orientieren darf. ATP-250er-Events sind plötzlich noch mehr ein Thema.
Seine Ausgangslage für den Rest der Saison ist ohnehin gut: Er hat nicht allzu viele Punkte zu verteidigen. Und vermag er sein neues Ranking bis Ende Jahr zu halten, wäre er im Januar direkt fürs Haupttableau der Australian Open qualifiziert. Der Verbleib in den Top 100 wird deshalb in den nächsten Monaten Strickers oberstes Ziel sein.
Doch bevor es ab dem 12. September in Manchester bereits weitergeht mit dem Davis Cup, wo die Duelle mit Grossbritannien, Australien und Frankreich warten, gibt es erst einmal ein paar freie Tage in der Heimat. Ausruhen, regenerieren – und realisieren. Denn neben vielen ATP-Punkten und einer Stange Geld nimmt er auch «ganz viele Emotionen» aus dem «Big Apple» mit.
Kurz vor seiner Heimreise postet er noch auf Social Media: «Es ist Zeit, um auf Wiedersehen zu sagen. Ich verlasse New York mit grossem Stolz auf das, was ich erreicht habe, mit vielen neuen Erfahrungen und mit dem Ziel, im nächsten Jahr noch stärker zurückzukommen.»