Die Episode ist mindestens 15 Jahre her. Doch Pirmin Zurbriggen (58) erinnert sich genau: «Es war bei der JO-Schweizer-Meisterschaft in La Fouly. Das ist ein Dorf im Unterwallis mit knapp 100 Einwohnern und zwei Sesselliften. Am Start stand Lara Gut. Ich hatte schon von ihr gehört, sah sie aber erstmals live. Als sie losfuhr, merkte ich sofort, dass sie etwas Spezielles ist. Sie war allen anderen haushoch überlegen.»
Aus dem Teenager von damals ist längst eine verheiratete Frau geworden, die in ihrer Karriere Berg-und-Tal-Fahrten erlebte, 30 Weltcupsiege feierte und nach vier Super-G-Siegen in Serie als Topfavoritin in den WM-Super-G steigt.
Holt sie erstmals Gold an einem Grossanlass? Wer Gegenargumente sucht, hats schwer. Form, Technik, Material und Selbstvertrauen – alles passt. Sie selbst sagt: «Ich verstehe, dass alle von Gold reden. Ich bin in Cortina, um etwas zu gewinnen, und gehe nicht ins Rennen, um danach zu sagen: Das war schön, es hat Spass gemacht! Gleichzeitig habe ich weder etwas zu verlieren noch zu verteidigen. Ich muss mich vor nichts fürchten.»
Laras Instinkt ist Extraklasse
Tatsächlich sind es eher die anderen Fahrerinnen, die sich vor Gut-Behrami in Acht nehmen müssen. Keiner kann dies besser beurteilen als Zurbriggen. Der Walliser hamsterte im Super-G in den späten 80ern vier kleine Kristallkugeln und wurde 1987 in Crans-Montana VS Weltmeister. Er erhielt den Übernamen «Mister Super-G».
Zurbriggen: «Lara besitzt ähnliche Fähigkeiten wie ich zu meiner Aktivzeit.» Welche sind das? «Man muss gewisse Grundqualitäten mitbringen – so wie in anderen Disziplinen. Weil es im Super-G aber im Gegensatz zur Abfahrt keine Trainings gibt und das Tempo sehr hoch ist, kommen zwei weitere Punkte hinzu. Der erste ist die Besichtigung: Der Athlet muss einschätzen können, wo er später wie viel Tempo haben wird. Er stellt sich Fragen wie: Kann ich dieses Tor direkt anfahren? Muss ich weiter ausholen? Kann ich hier schon in die Hocke?»
Damit ist es aber nicht getan. Denn: Der eigene Plan im Super-G mag noch so gut sein – er geht längst nicht immer auf. «Das ist der zweite Punkt. Auf einmal beginnt der Instinkt zu spielen. Innert Sekundenbruchteilen braucht es neue Lagebeurteilungen. Vielleicht bist du einmal zu tief – was jetzt? Oder der Ski greift besser als erwartet – wie reagiere ich nun? Solche Dinge. Lara ist bei all diesen Aspekten sensationell.»
Gut-Behrami bringt alle nötigen Qualitäten mit
Zurbriggen weiss, dass Gut-Behrami im Super-G alle nötigen Qualitäten mitbringt, um auf dem obersten Cortina-Podest zu stehen. «Sie hat das Paket zusammen, um Gold zu holen», sagt er. Gleichzeitig hebt er den Warnfinger: «Auf der Olympia delle Tofane gibt es einige heikle Stellen. Und da bei einer WM nur Medaillen zählen, werden Aussenseiterinnen alles riskieren. Gehts schief, landen sie im Netz. Gehts aber auf, werden sie gefährlich – auch für Lara.»
Dennoch: Für Zurbriggen bleibt Gut-Behrami die Gold-Kandidatin Nummer 1. Die Ski-Legende meint abschliessend: «Sie hätte es so verdient. Ich würde ihr den Titel von Herzen gönnen.
Vom 8. Februar bis 21. Februar 2021 findet in Cortina d'Ampezzo (It) die alpine Ski-Weltmeisterschaft statt. Wer sind die Schweizer Favoriten? In welcher Disziplin wird wann gefahren? Alle Infos gibts hier.
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