Rund 155 000 Franken Preisgeld hat Marco Odermatt in den letzten vier Monaten verdient. Weil er zusätzlich noch ein ordentliches Gehalt von seinen Sponsoren kassiert, könnte sich der Sieger vom Riesenslalom in Santa Caterina eine gediegene Wohnung mit einem spektakulären Blick auf den Vierwaldstättersee leisten.
Doch der Alpine-Überflieger bevorzugt neben der Piste ein sehr bodenständiges Leben. Deshalb residiert der gebürtige Buochser im Kanton Nidwalden gemeinsam mit seinem Jugendfreund Gabriel Gwerder in einer verhältnismässig bescheidenen WG. «Hier bezahle ich im Monat eine Miete von 400 Franken» verrät Marco, der bei den letzten Weltcup-Super-Gs in Kitzbühel und Garmisch die Ränge 2 und 3 belegt hat.
Einfach sind in den meisten Fällen auch die Mahlzeiten, die in dieser Wohngemeinschaft zubereitet werden. «Wir kochen oft etwas Thailändisches, weil das total unkompliziert ist. Poulet und ein bisschen Gemüse schneiden, Reis in die Pfanne, eine Fertigsauce dranmachen und gut ist…»
Gwerder war mal Super-Talent
Auch «Odis» WG-Partner gehörte zeitweise zu den Schweizer Ski-Hoffnungen. Beim Migros Grand Prix Final 2006 belegte der Schwyzer Gwerder hinter Odermatt den zweiten Rang im Riesenslalom und hat später zahlreiche Wettkämpfe auf FIS-Stufe bestritten. Bei den Nationalen Konditionstests von Swiss Ski war Gabriel zwei Mal die Nummer 1. «Diese beiden Siege reibt mir Gabriel auch heute noch regelmässig unter die Nase, weil ich diesen Bewerb nur einmal gewonnen habe», schmunzelt Marco.
Doch 2015 ist Gwerder bei der FIS-Abfahrt in Crans Montana derart schwer gestürzt, dass er seine Rennfahrer-Laufbahn beenden musste. Jetzt arbeitet er zu 60 Prozent als Trainer an der Sportmittelschule in Engelberg. Zudem hat er in Stans-Oberdorf einen Kraftraum eröffnet, in dem neben Odermatt auch der derzeit rekonvaleszente Slalom-Spezialist Reto Schmidiger seine Muskeln stählt.
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Der 27-Jährige aus Hergiswil verkörperte das erste Vorbild von Marco. «Unsere Eltern pflegen seit vielen Jahren einen sehr engen Kontakt miteinander, deshalb habe ich mit Reto in meiner Kindheit viele Stunden verbracht. Und als er erstmals Junioren-Weltmeister wurde, durfte ich seine Goldmedaille anfassen und um den Hals hängen. Dieses Erlebnis hat mich damals motiviert, richtig zu trainieren, um eines Tages selber um eine Medaille fahren zu können», erinnert sich Odermatt.
Schmidiger, der den letzten Kitzbühel-Slalom als Neunter beendet, hat früh erkannt, dass der kleine «Odi» besonders grosses Potenzial besitzt. «Er hatte von Anfang enorm viel Gespür fürs Skifahren. Wenn Marco durch die Tore fuhr, sah das schon immer sehr spielerisch aus.»
Schmidiger glaubt an WM-Coup
Reto erinnert sich aber auch daran, dass Marco gewisse Schulaufgaben etwas zu verspielt bewältigt hat. «Irgendwann musste Marco als Hausaufgabe ein Buch lesen, ich sollte ihn dabei unterstützen. Aber weil wir beide keine Leseratten waren, hat uns das wirklich brutal angeschissen. Wir haben deshalb angefangen, herumzublödeln. Im Endeffekt haben wir mehr gelacht als gelesen… »
Heute ist Odermatt das Lachen kurzfristig vergangen. Der für Morgen geplante Super-G musste wegen Lawinengefahr und einer schlechten Piste auf Donnerstag verschoben werden. Wird Odi dann wieder Grund zum smilen haben? Schmidiger, der sich kurz vor Saisonbeginn am Meniskus verletzte, ist fest davon überzeugt. «Marco befindet sich in einer grossartigen Form. Er hat im Super-G zuletzt jede Schraube in die exakt richtige Richtung gedreht. Und weil er auch die mentale Stärke besitzt, um mit dem Druck umgehen zu können, wird er eine Medaille gewinnen.»
Und dass Odermatt derzeit auch sehr viel Glück hat, musste Schmidiger letzte Woche beim traditionellen Dart-Duell nach dem Krafttraining erfahren: «Obwohl seine Dart-Technik sehr mangelhaft ist, hat Marco mehr Punkte als ich erzielt. Wenns läuft, dann läufts eben … »
Vom 8. Februar bis 21. Februar 2021 findet in Cortina d'Ampezzo (It) die alpine Ski-Weltmeisterschaft statt. Wer sind die Schweizer Favoriten? In welcher Disziplin wird wann gefahren? Alle Infos gibts hier.
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