Neben der Rezeption des Wellnesshotels Alpin Juwel im Zentrum von Hinterglemm (Ö) hängt ein Holzschild an der Wand. «Hakuna Matata» steht geschrieben. Aus der afrikanischen Sprache Swahili übersetzt bedeuten sie: «Es gibt keine Probleme.» Er passt gut zur Stimmung von Pauli Gut (67), als dieser am Nachmittag vor dem WM-Super-G zum Gespräch mit Blick erscheint. «Ich geniesse die WM. Das Wetter ist perfekt, die Piste ist perfekt. Lara ist gesund, wir alle sind gesund. Was willst du mehr?», sagt er.
Blick: Pauli Gut, Lara ist für viele die Topfavoritin auf Gold im Super-G. Wie nervös werden Sie sein, wenn sie am Start steht?
Pauli Gut: Schon etwas angespannt. Aber nach all den Jahren weiss ich, was das Wichtigste ist – dass sie heil im Ziel ankommt.
Wenn möglich, soll sie dabei schnell sein.
Wir arbeiten das ganze Jahr, um zu gewinnen. Aber die anderen Fahrerinnen tun das auch – sie sind nicht hier, um Zehnte zu werden. Jede will vorne sein.
Lara hat 17 Jahre im Weltcup verbracht und Sie waren stets an ihrer Seite…
Mit Ausnahme von einer Woche, sonst immer (schmunzelt).
Hatten Sie zu Beginn jemals gedacht, 2025 immer noch dabei zu sein?
Niemals. Wir haben einfach immer Winter für Winter genommen. Und jetzt sind wir immer noch da. Es ist unglaublich, dass ich so viel Zeit an der Seite meiner Tochter verbringen konnte. Andere Kinder ziehen mit 18 Jahren aus und sehen die Eltern nur noch sporadisch im Jahr. Bei meiner Frau Gabriella und mir war das anders – dafür sind wir sehr dankbar.
Rückblickend hat Lara einmal gesagt: «Als ich mit 16 in den Weltcup kam, war ich ein Kind und manchmal verloren.» Hat man sie damals zu wenig geschützt?
Ganz sicher. Sie wurde so schnell bekannt, alle wollten etwas von ihr – vor allem Medien und Sponsoren. Schliesslich wurde es zu viel.
Lara hat sich abgekapselt, aber auch genervt auf Fragen reagiert.
Auch wir haben Fehler gemacht.
Welche?
Schwierig zu sagen, aber ganz sicher welche. Es war halt alles ganz neu. Plötzlich kommt eine 15-Jährige mit ihrem Vater als Trainer in einen Verband. Wir hatten unsere Gewohnheiten und auf einmal war sehr vieles neu. Man sieht es an Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova, wie man es anders hätte handhaben können. Da steht der ganze Verband hinter ihnen. Aber etwas muss ich auch sagen…
Bitte.
Seit vielen Jahren läuft es sehr gut, Lara kann sich aufs Skifahren konzentrieren.
Bei der WM 2011 wählten Journalisten von Blick, Krone und Bild Lara zur «Zicke Nummer 1 im Ski».
Es gab schon vorher Probleme mit Medien im Tessin. Das hatten wir am wenigsten erwartet. Aber ja, diese Geschichte bei der WM hat auch viel verändert.
Ihre Tochter hat im Skisport alles gewonnen. Woher hat sie diese Winnermentalität?
Ich weiss es nicht. Schon in der Schule hat sie stets ihr Bestes gegeben. Vielleicht hat alles beim Grand Prix Caran d’Ache, dem Vorgänger des Grand Prix Migros, angefangen. Wir fuhren nach Haute-Nendaz, Lara war etwa acht Jahre alt und wurde Siebte. Alle Mädchen trugen Rennanzüge, sie aber fuhr mit einem dicken Pullover. Und mit meinem Helm, der ihr viel zu gross war (lacht). Danach habe ich sie gefragt: Willst du häufiger Rennen fahren? Sollen wir etwas mehr trainieren?
Was hat sie geantwortet?
Lara sagte: Ja, warum nicht. So hat es angefangen.
Sie haben einmal eine Holzhütte gebaut und mit Lara zehn Tage auf dem Griesgletscher verbracht.
Ich zimmerte sie mit meinem Vater in der Schreinerei in Ambri-Piotta zusammen, danach liessen wir sie auf den Berg fliegen. Wir schliefen in Schlafsäcken und fuhren beim ersten Sonnenschein jeweils los.
Wie kamen Sie wieder nach oben?
Das ist lustig. In Bosco/Gurin, einem kleinen Dorf im Tessin, hatten wir zwei alte Pistenfahrzeuge gekauft. Sie blieben den ganzen Winter oben und immer wieder, wenn wir dahin kamen, mussten wir sie ausgraben, weil es geschneit hatte. So haben wir dann trainiert.
Wie sehr braucht Sie Lara heute noch?
Als Trainer immer weniger. Sie weiss genau, was sie braucht. Bei der Besichtigung stehe ich immer etwas ausserhalb der Piste. Manchmal kommt sie und fragt was – vier Augen sehe oft mehr als zwei.
Lara hört nach den Olympischen Spielen 2026 auf. Was wünschen Sie ihr für die Zukunft?
Gesundheit, dass sie zufrieden ist und mal eine grosse Familie hat.
Und was werden Sie ihr sagen, wenn sie am Donnerstag Gold gewinnt?
Dass sie es nicht hätte besser machen können.
Und welche Worte wählen Sie, falls es keine Medaille gibt?
Das kommt auf die Situation an. So oder so bin ich auf stolz auf sie. Für alles, was sie auf und neben der Piste gemacht hat. Und dankbar.