Auf einen Blick
- Stefan Abplanalp lehnte Trainerjob bei Mikaela Shiffrin ab
- Er wollte bei der Familie und seiner Mutter sein – Letztere starb im August
- Shiffrin ist 99-fache Weltcupsiegerin und gilt als beste Skifahrerin aller Zeiten
Ein Angebot von Real Madrid? Davon träumt fast jeder Fussballtrainer. Die Edmonton Oilers coachen? Da würde manch ein Eishockey-Fachmann innert Sekunden unterschreiben. Jannik Sinner (23, It) auf der ATP-Tour begleiten? Es wäre der Wunsch eines jeden Tennis-Coaches.
Gleiches könnte man sich im Fall von Mikaela Shiffrin (29, USA), der wohl besten Skifahrerin aller Zeiten, vorstellen. Kein Ski-Trainer würde ein Angebot der 99-fachen Weltcupsiegerin ausschlagen. Oder? Doch – Stefan Abplanalp hat genau dies getan. «Und es war die richtige Entscheidung», sagt der SRF-Experte.
Um diese auf den ersten Blick verrückte Absage zu verstehen, muss man das Rad der Zeit zurückdrehen. Erstmals spricht Abplanalp öffentlich über den letzten Frühling. Beim Weltcupfinale in Saalbach (Ö) sprach ihn US-Cheftrainer Paul Kristofic an.
«Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, Mikaela zu trainieren. Ein super spannendes Angebot und eine grosse Ehre. Wir sassen sofort zusammen. Das Meeting und der Austausch mit Mikaela und Eileen war grossartig», so der Berner Oberländer.
Abplanalp hätte den Posten von Mark Mitter (Ö) übernommen und als Coach das Team mit Karin Harjo (No) sowie Shiffrins Mutter Eileen vervollständigt. Der 50-Jährige bat um Bedenkzeit, grübelte lange, hatte einige schlaflose Nächte – und sagte letztlich ab. Zwei Gründe waren ausschlaggebend.
Erstens: Die Analyse der Skirennen im SRF macht ihm viel Freude, er hätte den Job nur ungern aufgegeben. Zweitens und viel entscheidender: Abplanalps Mutter war zu jener Zeit schwer krank. «Sie hat mir gesagt, ich solle den Job doch machen und meinen Weg gehen. Aber ich wollte bei ihr und der Familie sein. Sie haben mich gebraucht.»
Shiffrin sagte: «Genau darum wollte ich dich!»
Abplanalp griff letztlich zum Telefon. Er telefonierte zuerst mit Kristofic, dann mit Shiffrin – und sagte dankend ab. Beide hatten Verständnis für seine Entscheidung. «Es tat mir weh, kam es nicht zu einer Zusammenarbeit. Gleichzeitig freute mich ihre Reaktion sehr. Sie sagte: ‹Genau darum wollte ich dich in meinem Team!› Sie schätzte meine Ehrlichkeit gegenüber der Situation mit meiner Familie sehr. Es war schön, das zu hören, und es sagt viel über ihren Charakter aus. Mikaela ist nicht nur eine grossartige Athletin, sondern auch ein toller Mensch.»
Was viele nicht wissen: Der ehemalige Speed-Trainer der Schweizer Frauen hatte bereits einmal mit Shiffrin zusammengearbeitet. Im Winter 2014/15, damals war er im US-Team und brachte unter anderem Lindsey Vonn (40) nach einer Verletzung zurück an die Weltspitze. «Mikaela war im Slalom bereits Weltklasse und versuchte sich immer mehr auch im Super-G.» Er verliess den amerikanischen Verband zu Winterende, behielt aber den Draht zum US-Star.
Im August starb Abplanalps Mutter
Zurück zur Aktualität. Abplanalp ist immer noch überzeugt, dass seine Absage an Shiffrin richtig war. «Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent. Es hätte nicht geklappt, weil ich stets mit halbem Herzen und in Gedanken daheim gewesen wäre.» Im August 2024 starb Abplanalps Mutter – er war bis zum Ende an ihrer Seite.
Doch wer weiss: Vielleicht klappts doch noch einmal mit Shiffrin? Zuerst einmal freut er sich auf die WM in Saalbach und die Arbeit im TV. «Und natürlich freut es mich sehr, dass Mikaela nach ihrer Verletzung zurück ist. Schön, dass ich sie wenigstens am TV analysieren darf.»