Italiens Speed-Königin Goggia (31) lässt vor ihren Heimrennen tief blicken
«Odermatt inspiriert mich, ich bin aber eher der Typ Feller»

Sofia Goggia (31) ist seit Jahren die schnellste Frau auf Ski. Vor den Rennen in Cortina spricht sie über den Männer-Zirkus, über ihre Emotionen und blickt in die Olympia-Glaskugel.
Publiziert: 26.01.2024 um 00:50 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2024 um 14:53 Uhr
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Italiens Speed-Königin Sofia Goggia im Gespräch mit Blick. Sie freut sich auf ihre Heimrennen in Cortina, muss aber mental noch viel arbeiten.
Foto: keystone-sda.ch
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Mathias GermannReporter Sport

Blick: Sofia Goggia, schauen Sie gerne Männer-Rennen?
Sofia Goggia: Ja, sehr. Vor allem Riesenslalom, Super-G und Abfahrt.

Wer inspiriert Sie?
Marco Odermatt. Es ist unglaublich, was er zeigt. Aber ich bin eher der Typ Manuel Feller. Er hat einen eigenen Stil. Wenn Feller am Start ist, weiss man nie, was folgen wird – ich bin auch so.

Das ist Sofia Goggia

Die Flachland-Italienerin aus Bergamo ist die unbestrittene Speed-Königin im Ski-Zirkus. Goggia gewann in den letzten drei Wintern stets den Abfahrtsweltcup – auch in dieser Saison liegt sie vorne. Allerdings galt die Olympiasiegerin von 2018 auch als Sturzpilotin: Sie hat einen risikoreichen Fahrstil und verletzte sich oft schwer. Oft wird vom «Goggia Style» gesprochen, weil sie zwischen Genie und Wahnsinn schwebt. Ihr Vater ist Ingenieur, ihre Mutter lehrt Literaturwissenschaften. Ihr Talent neben dem Skifahren? «Ich bin ziemlich gut darin, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und Emotionen in ihnen auszulösen.»

Voller Fokus: Für Sofia Goggia gibt es auf der Strecke keine halben Sachen.
AFP

Die Flachland-Italienerin aus Bergamo ist die unbestrittene Speed-Königin im Ski-Zirkus. Goggia gewann in den letzten drei Wintern stets den Abfahrtsweltcup – auch in dieser Saison liegt sie vorne. Allerdings galt die Olympiasiegerin von 2018 auch als Sturzpilotin: Sie hat einen risikoreichen Fahrstil und verletzte sich oft schwer. Oft wird vom «Goggia Style» gesprochen, weil sie zwischen Genie und Wahnsinn schwebt. Ihr Vater ist Ingenieur, ihre Mutter lehrt Literaturwissenschaften. Ihr Talent neben dem Skifahren? «Ich bin ziemlich gut darin, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und Emotionen in ihnen auszulösen.»

Sie stürzen, stehen auf und gewinnen am nächsten Tag. Das war letzten Winter in St. Moritz so und zuletzt auch in Zauchensee. Wie machen Sie das?
Intensität und Feuer – das bin ich. Manchmal mache ich Fehler. Aber ich habe immer den Willen, schlechte Dinge zu überstehen. Mit 31 Jahren habe ich den Rucksack, den es dafür braucht.

Sie gelten als sehr mutig, sind aber auch sensibel.
Mein Fahrstil widerspiegelt meine Stimmung. Wenn ich ruhig und glücklich bin, fahre ich immer schnell. Wenn ich aber etwas Ungelöstes in mir trage, spüren das meine Ski. Ich bleibe in den nächsten drei Tagen in Cortina also besser ruhig.

Im ersten Cortina-Training verloren Sie 2,52 Sekunden, das zweite Training wurde abgesagt. Ein Problem?
Ich habe viel mentale Arbeit vor mir und ich hoffe, den Schlüssel für diese Piste zu finden. 

Platz 1 im Abfahrtsweltcup, Platz 4 im Super-G-Weltcup: Sind sie zufrieden?
Ich rufe nicht 100 Prozent meines Potenzials ab und dominiere nicht wie in der letzten Saison. Aber eine meiner Stärken ist, dass ich in den Kurven Tempo machen kann. 

Sie sind nicht mehr so wild unterwegs wie früher, oder?
Ich bin technisch stabiler als im letzten Jahr. Das war mein Wunsch und mein Ziel vor der Saison. Der Schlüssel dafür war der Riesenslalom – ich habe in dieser Disziplin hart gearbeitet. Die Kurven, die man dort fährt, sind die Basis für alles. 

Was bedeuten Ihnen die Rennen in Cortina?
Wenn ich an Cortina denke, geht mir Folgendes als Erstes durch den Kopf: Ich sitze vor der Besichtigung auf dem alten Zweier-Sessellift. Die ersten, noch orangefarbenen Sonnenstrahlen erscheinen am Horizont. Ein wunderschöner Moment – wie ein Gedicht. 

2026 finden hier die Olympischen Spiele statt. Ihre Gedanken?
Das wird die Apotheose des Skifahrens.

Etwas Himmlisches also?
Genau. Zwei Jahre dauert es noch – das ist nicht viel, es kann aber auch noch viel passieren.

Was wäre Ihnen wichtiger: ein WM-Titel 2025 in Saalbach oder Olympia-Gold in Cortina?
Olympiasiegerin bin ich schon, Weltmeisterin noch nicht – da habe ich erst Silber und Bronze geholt. Dieser Titel fehlt mir – ich jage ihn, aber …

Ja?
Nichts ist vergleichbar mit einer Olympia-Goldmedaille.

Themawechsel. Aleksander Aamodt Kilde renkte sich bei seinem Sturz am Lauberhorn nicht nur die Schulter aus, sondern erlitt einen tiefen Schnitt am Bein. Braucht es schnittfeste Anzüge im Weltcup?
Ja, das wäre eine Verbesserung unserer Sicherheit. Ich finde, das sollte obligatorisch werden.

Nur dann wäre die Chancengleichheit gewährleistet, weil diese Anzüge langsamer sind.
Die FIS hat wohl noch keinen guten Weg gefunden, sie im Weltcup einzuführen. Sonst hätte man es schon getan.

In Zauchensee haben Sie nach ihrem Abfahrtssieg geweint. «Aber nicht aus Freude», sagten Sie. Das sorgte für Verwirrung.
Zauchensee war für mich ein verfluchter Ort, ich bin vorher dort oft gestürzt. Dazu kamen andere Dinge hoch. Es ist doch so: Die meisten Leute schauen meine Rennen an, sie sehen mich vom Start bis ins Ziel. Sie wissen aber nicht, wie es in mir drinnen aussieht. 

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