Im zweiten Lauf einen tüchtigen Zacken zulegen, dem Zeit-Handicap vom ersten Durchgang davon fahren und siegen? Was Marco Odermatt (26) im Nacht-Riesenslalom von Schladming mit seinem Sprung von Rang 11 auf den gewohnten Platz 1 hinlegt, hat während ihrer glanzvollen Karriere auch Vreni Schneider (59) immer wieder geschafft.
So wurde Schneider zur Königin der zweiten Läufe. Die Elmerin konnte deshalb Odermatt bestens nachfühlen. «Er hatte einen wirklich entfesselten Lauf hingelegt», sagt Schneider zu Blick, «doch wie es dann so ist, wenn man im ersten Lauf nicht vorne war: Dann muss man im Ziel zuerst einmal abwarten. Auch Odi wusste ja nicht recht, was am Ende rausschauen wird.»
Nach Kitzbühel schon wieder in Hochform
Doch selbst als das Endergebnis noch nicht klar war, wusste die dreifache Olympiasiegerin sofort: Odermatt hat einmal mehr seine ganz grosse Klasse gezeigt.
«Es war ein genialer zweiter Lauf. Was Odi leistet, ist einfach grandios. Es ist enorm, dass er nach diesem Kitzbühel-Wochenende schon wieder derart bereit war für ein solches Rennen», sagt Schneider begeistert. «Im ersten Lauf schien er sich noch etwas ans Licht in der Nacht gewöhnen zu müssen. Doch dann deklassiert er alle in diesem zweiten Lauf.»
Keine neue Odermatt-Dimension
Doch so faszinierend es für die Skifans und so erschreckend es für seine Gegner ist: In Schladming trotz Fehler im ersten Lauf zu siegen, mag ein Odermatt-Glanzstück sein – eine neue Dimension seines Schaffens ist es nicht. Denn in diesem Winter gehört es zum Normalfall, dass der Nidwaldner in einem Riesenslalom-Durchgang eine Sekunde schneller fahren kann als der Rest des Feldes.
Beim «Night Race» scheitert am Ende auch Halbzeitleader Manuel Feller (31) an der Fahrt des Dominators. Wenn auch für einmal nur um lumpige 0,05 Sekunden. Vreni Schneider spricht den Flow-Effekt an: «Auch Feller ist super gefahren. Doch wenn man wie Odi mal auf der Erfolgswelle reitet, klappt alles. Dann siegt man auch mal mit fünf Hundertstel. Es ist wirklich beeindruckend, wie er das alles schafft. Er hat ja gar keine Gegner mehr!»