Graue Haare? Alejo Hervas (47) kriegt immer mehr davon. Aber nicht wegen Lara Gut-Behramis Leistungen (32)! Der Swiss-Ski-Coach aus Südspanien freut sich über die bärenstarken Auftritte seiner Athletin und könnte zufriedener kaum sein. Drei Siege fuhr die Tessinerin in diesem Winter bereits ein, dazu kommen vier weitere Podestplätze.
Hervas ist dabei ein entscheidendes Puzzleteil ihres Erfolgs. Man kann sogar sagen: Seine Verpflichtung vor fünf Jahren entpuppt sich je länger, desto mehr als Lottosechser – für ihn, Gut-Behrami, aber auch für Swiss-Ski.
Zwei WM-Titel, ein Olympiasieg und 16 Weltcupsiege hamsterte Gut-Behrami unter Hervas. Besonders beeindruckt ist Hervas, der vor allem als Kondi-Trainer amtet, von ihrer Fähigkeit, «den Wettkampf zu fühlen. Ihre Einstellung zu den Rennen ist unglaublich.»
Gut-Behrami gab das Lob schon mehrfach zurück. «Ich habe Alejo viel zu verdanken und bin froh, dass er da ist», so die Tessinerin. Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor bereut keine Sekunde, dass er den Südspanier 2019 auf Vorschlag Gut-Behramis bei Swiss-Ski durchdrücken konnte. «Es ist aufgegangen. Alejo ist aber nicht nur für Lara wichtig, sondern auch eine sehr gute Erscheinung in der Mannschaft.»
Hervas plante ein Fundament – mit Erfolg
Doch wie schaffte es Hervas, Gut-Behrami auf die Erfolgsspur zurückzubringen? Immerhin musste sie vorhin eine zweijährige Sieg-Durststrecke überstehen. Zu Beginn sprach er davon, im physischen Bereich ein Fundament zu bauen.
«Ich erinnere mich an unser Gespräch», sagt er. «Das hat sich wirklich ausgezahlt. Nachdem wir eine gute Basis gelegt hatten, konnten wir weiterfahren. Schritt für Schritt.» Momentan gehe es darum, mit Vorsicht das auszuwählen, was Gut-Behrami brauche. «Dabei dürfen wir nie ausser Acht lassen, wie sie sich fühlt.»
«Mag es, nahe bei den Leuten zu sein»
Insgesamt vier Wochen schuftete Gut-Behrami im Sommer in Granada, der Heimat ihres Trainers. «Die Stimmung im Gym hat geholfen, die anderen Athleten dort sind stark und mutig und es herrscht immer eine gute Atmosphäre – jeder will sich täglich verbessern», so Hervas.
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Als Freund Gut-Behramis bezeichnet sich der spanische Muskelmann nicht, obwohl sich die zwei auch menschlich hervorragend verstehen. Ganz offensichtlich stimmt auch die Chemie zu Vater Pauli und Mutter Gabriella. «Ich mag es, nahe bei den Leuten zu sein. So lerne ich, wie sie ticken und wie ich das Beste aus ihnen herausholen kann.»
Er war Guide eines behinderten Olympiasiegers
Hervas fuhr einst selbst kleinere Rennen, er studierte und wurde bei den Paralympics 1998 in Nagano Olympiasieger. Wie? Als Guide eines 19-jährigen, blinden Spaniers. «Das war eine tolle Erfahrung», sagt er heute.
Sein aktueller Fokus liegt aber selbstredend auf Gut-Behrami. «Entscheidend bei einer solch langen Karriere, wie sie Lara hat, ist die Erholung. Und ich muss aufpassen, dass sie nicht zu viel macht.»
«Wir haben eine Abmachung»
Doch wie lange macht das Erfolgsgespann noch weiter? Gut-Behrami sprach vor dem Winter davon, bis zur WM 2025 in Saalbach (Ö) dabei sein zu wollen. Zuletzt sagte sie nach ihrem Sieg beim Super-G in Zauchensee: «Vielleicht fahre ich noch fünf, vielleicht noch zehn Super-Gs. Ich weiss es nicht. Umso mehr will ich das geniessen, was noch kommt.»
Sicher ist: Hervas wird – sollte nichts Aussergewöhnliches passieren – weiterhin an Gut-Behramis Seite bleiben. Er verrät: «Wir haben eine Abmachung. Ich begleite sie bis zu ihrem Karriereende. Noch gibt es kein Datum, alles ist in Bewegung und sie wird entscheiden, wann es so weit sein wird.»